Demonstrationen für die Freiheit von Abdullah Öcalan

In Deutschland, den Niederlanden und Frankreich haben am Samstag Demonstrationen für die Freiheit von Abdullah Öcalan stattgefunden. Anlass der Proteste ist der Jahrestag der Verschleppung des kurdischen Vordenkers am 15. Februar 1999 in die Türkei.

Der kurdische Verband FCDK-KAWA hat drei Tage in Folge für die Freiheit von Abdullah Öcalan demonstriert. Nach Frankfurt a.M. und Darmstadt fand am Samstag eine Demonstration in Mannheim statt, zu der das örtliche Rojava-Solidaritätskomitee und das kurdische Kulturzentrum aufgerufen hatten. Startpunkt war am Wasserturm. Die Teilnehmenden forderten ein Ende der Isolation von Abdullah Öcalan und seine Freilassung sowie die Aufhebung des PKK-Verbots und der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung in Deutschland, die Einstellung der Besatzungsangriffe auf Kurdistan und der Rüstungsexporte in die Türkei und die Beendigung der Verbotspolitik gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) durch den türkischen Staat.

Demonstration in Mannheim

Die Demonstration begann mit einer Eröffnungsrede von Roland Schuster (Die Linke). Unter den Teilnehmenden waren die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut und weitere Linkspolitiker:innen, Vertreter:innen antifaschistischer Gruppen aus Mannheim und Umgebung und die „Omas gegen Rechts“. Während der Demonstration wurde „Weg mit dem Verbot der PKK“, „Freiheit für Abdullah Öcalan“, „Hoch die internationale Solidarität“ und „Bijî Rojava“ gerufen. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Alten Meßplatz hielten Roland Schuster und Gökay Akbulut Reden, in denen sie auf die türkischen Angriffe auf Rojava und Başûr, den Westen und Süden Kurdistans, hinwiesen und ein Ende der Waffenlieferungen an die Türkei forderten. Gegen Ende der Kundgebung kam es zu mehreren Ingewahrsamsnahmen durch die Polizei, gegen die die Anwesenden protestierten. Zuletzt trat der Mannheimer Musiker Bernd Dörfer auf.

Zweitägiger Marsch in den Niederlanden

In den Niederlanden findet an diesem Wochenende ein zweitägiger Marsch unter dem Motto „Freiheit für Öcalan – jetzt sofort!“ statt. Der Auftakt war am Samstag in Den Haag. Bei der Demonstration wurde ein großes Bild von Öcalan und ein Transparent mit der Aufschrift „Freiheit für Abdullah Öcalan, Status für Kurdistan“ getragen.

Den Haag: „Freiheit für Öcalan – jetzt sofort!“

Die Demonstration führte von der Radarstraat durch die Innenstadt, die Teilnehmenden riefen Parolen und verlasen Erklärungen mit ihren Forderungen. Der lange Marsch wird heute um 11 Uhr in Amsterdam fortgesetzt.

Demonstrationen in Frankreich

In Frankreich fanden Demonstrationen in mehreren Städten statt, die größte davon in Marseille. Die Demonstrant:innen forderten sofortigen Kontakt zu Abdullah Öcalan, von dem es seit fast zwei Jahren kein Lebenszeichen mehr gibt.

Demonstration in Marseille

Hintergrund: Abdullah Öcalan ist eine Schlüsselfigur

Abdullah Öcalan, geboren am 4. April 1949, studierte politische Wissenschaften in Ankara. Er initiierte 1978 die Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und führte als ihr Vorsitzender bis zu seiner Verschleppung im Februar 1999 den kurdischen Befreiungskampf aktiv an.

Neben zahlreichen Arbeiten über die Kultur und die Lage seines Volkes beschäftigte er sich in vielen Vorträgen und Büchern mit Themen aus den Bereichen Philosophie, Religion, Geschlechterfragen und Umweltproblematik und setzte sich immer wieder für ein friedliches Zusammenleben aller Völker im Mittleren Osten ein.

Seit seiner völkerrechtswidrigen Entführung aus Kenia am 15. Februar 1999 befindet er sich in einem Gefängnis auf der türkischen Insel Imrali im Marmarameer, mehr als zehn Jahre davon als einziger Gefangener. Am 29. Juni 1999 wurde er vom türkischen Staatssicherheitsgerichtshof zum Tode verurteilt. Inzwischen wurde die Todesstrafe in der Türkei abgeschafft und das Urteil gegen Abdullah Öcalan in eine verschärfte lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt.

Trotz der unmenschlichen Isolationshaft setzt er sich auch aus der Haft heraus im Rahmen seiner Möglichkeiten weiter für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ein. Er gilt weiterhin als führender Stratege und einer der wichtigsten politischen Repräsentanten des kurdischen Volkes .

In Isolationshaft auf der Insel Imrali verfasste Öcalan mehr als zehn Bücher, welche die kurdische Politik revolutionierten. Mehrfach initiierte er einseitige Waffenstillstände der Guerilla und lieferte konstruktive Vorschläge für eine politische Lösung der kurdischen Frage. Seine Konzepte wie der „demokratische Konföderalismus“ sind eine wesentliche Inspiration für das revolutionär-demokratische Projekt in Nordsyrien.

Ein „Friedensprozess“ begann 2009, als der türkische Staat auf Öcalans Aufrufe, die kurdische Frage politisch zu lösen, reagierte. Die Regierung brach den Dialog mit Öcalan und der PKK Mitte 2015 ab und setzt seither wieder auf eine militärische Vernichtungspolitik.

Seit dem 27. Juli 2011 wird Öcalan und seinen Mitgefangenen der Zugang zu Anwältinnen und Anwälten verwehrt. Eine Ausnahme bilden mehrere Anwaltsbesuche zwischen Mai und August 2019, die durch einen Massenhungerstreik erkämpft wurden.

Seit April 2015 ist die Gefängnisinsel Imrali vollständig von der Außenwelt isoliert. Keinerlei Besuch ist möglich, es gibt keine Kommunikation mit den Gefangenen. Das letzte Lebenszeichen war ein aus unbekannten Gründen nach wenigen Minuten unterbrochenes Telefonat zwischen Öcalan und seinem Bruder im März 2021.