Das Verteidigerteam des ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş hat bei einem Gericht in Ankara die Entlassung seines Mandanten aus der Untersuchungshaft beantragt. Wegen der unzureichenden Maßnahmen in den Gefängnissen der Türkei, das Coronavirus einzudämmen, gerate das Leben des 46-Jährigen in Gefahr, argumentieren die Anwälte. Demirtaş leidet unter pulmonaler Hypertonie (Lungenhochdruck) und dem Schlafapnoe-Syndrom. Damit gehört er einer Risikogruppe für die neuartige Lungenkrankheit Covid-19 an. Nach Angaben des türkischen Gesundheitsministers Fahrettin Koca waren mindestens 69 Prozent der Corona-Todesopfer (Stand 1. April) Bluthochdruck- oder Lungenhochdruckpatienten.
Selahattin Demirtaş ist im Zuge des politischen Vernichtungsfeldzugs gegen die kurdische Opposition in der Türkei im November 2016 mit zahlreichen weiteren Politiker*innen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) inhaftiert worden und wird seitdem im Hochsicherheitsgefängnis Edirne in der Westtürkei festgehalten. Ende November erlitt er in seiner Zelle einen Schwächeanfall und verlor das Bewusstsein. Erste-Hilfe-Maßnahmen führte damals sein Zellenkollege Abdullah Zeydan durch, der durch den Sturz des Politikers geweckt wurde und das Gefängnispersonal verständigte. Trotz ärztlicher Empfehlung wurde Demirtaş sieben Tage lang nicht ins Krankenhaus überstellt.