Der Internationale Tag der Muttersprache ist ein von der UNESCO ausgerufener Gedenktag zur „Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit“. Er wird seit dem Jahr 2000 jährlich am 21. Februar begangen. Die DEM-Partei hat aus diesem Anlass ihre wöchentliche Fraktionssitzung in Ankara mehrsprachig abgehalten.
Der Ko-Vorsitzende Tuncer Bakırhan hielt seine Eröffnungsrede im öffentlichen Teil der Sitzung in seiner Muttersprache Kurmancî. „Auf der Welt werden heute etwa siebentausend Sprachen gesprochen. Davon sind neunzig Prozent durch staatliche Assimilationspolitik verloren gegangen. In der Türkei wurden vor hundert Jahren noch zwanzig Sprachen gesprochen. Achtzehn davon sind jedoch verloren gegangen“, erklärte der kurdische Politiker. Ein Schriftsteller habe einst gesagt: „Meine Muttersprache ist meine Haut und andere Sprachen sind meine Kleider." Er selbst betrachte seine Muttersprache nicht als Haut, sondern auch als Seele und Leben.
Bakırhan gedachte Baba Tahir Uryan, Elî Herîrî, Ehmedê Xanî, Melayê Cizîrî, Feqiyê Teyran, Cegerxwîn, Celadet Elî Bedirxan, Musa Anter, Ferhat Kurtay, Mehmed Uzun und anderer Schriftsteller, die sich für die kurdische Sprache eingesetzt haben, und verlas den Text eines kurdischen Liedes der berühmten Dengbêj-Sängerin Eyşe Şan.
Die Türkei hat sich in einen Friedhof der Sprachen verwandelt
Unter Hinweis auf die staatliche Assimilationspolitik in der Türkei sagte Bakırhan: „Seit der Gründung der Republik werden die kurdischen Sprachen unterdrückt. Lasisch, Aramäisch, Tscherkessisch und viele andere Sprachen wurden eliminiert. Die Türkei hat sich innerhalb von hundert Jahren in einen Friedhof der Sprachen verwandelt. An den Wänden der Gefängnisse steht noch immer der Leitspruch ,Sprich Türkisch, sprich viel'. Unsere Sprache hat durch den geleisteten Widerstand bis heute überlebt. Die AKP will eine alternative Kurdologie schaffen. Sie eröffnete kurdische Abteilungen an den Universitäten. Die Studierenden, die dort einen Abschluss machten, wurden jedoch nicht in den öffentlichen Dienst berufen. Es wurden Wahlfächer eingerichtet, sie eröffneten ein Fernsehprogramm namens TRT Şeş. Aber hier wird die kurdische Sprache von morgens bis abends beschimpft. Sie wollen Kurden ohne Kurdisch erschaffen.“
Nach der Einführung der Zwangsverwaltung in den kurdischen Gemeinden seien systematisch mehrsprachige Initiativen abgeschafft worden, so der DEM-Vorsitzende: „Viele Zeitungen, Fernsehsender, Agenturen, Zeitschriften, Radios, Verlage und Schulen wurden geschlossen. Die Treuhänder griffen zunächst die kurdischen Symbole an. Kurdî-Der und das Kurdische Institut wurden geschlossen. Sie entfernten Namen wie Celadet Elî Bedirxan und Cegerxwîn von den Schildern. Die Zwangsverwalter sind Feinde der kurdischen Sprache.“
Kurdisch muss offiziell anerkannt werden
Sogar Erdoğan habe gesagt, dass jedes Kind seine Muttersprache kennen sollte. Wenn Kurd:innen jedoch das Recht auf Muttersprache einforderten, würden sie als Terroristen abgestempelt, so Bakırhan: „Wenn wir im Parlament Kurdisch sprechen, wird das im Protokoll als unbekannte Sprache oder unverständliche Äußerung vermerkt. Unsere Sprache ist weder unbekannt noch unverständlich. Unsere Sprache ist Kurdisch. Wir müssen unsere Sprache in allen Bereichen des Lebens sprechen und sie als unsere Existenz begreifen. Wir haben Kommunalwahlen vor uns. Wenn wir die Gemeinden von den Treuhändern übernehmen, werden wir die mehrsprachige Kommunalpolitik wieder einführen. Unsere Sprache ist unsere rote Linie. Wir werden Kurdischkurse und muttersprachliche Kindergärten eröffnen. Wir sind nicht gegen Wahlpflichtkurse. Aber wir schämen uns für diese Diskussion im 21. Jahrhundert; der Frühling kommt nicht mit einer Rose. Muttersprache ist ein Menschenrecht. Wir wollen, dass Kurdisch als offizielle Sprache anerkannt wird.“
Anschließend begrüßten DEM-Abgeordnete die Anwesenden in sechs weiteren Sprachen: George Aslan auf Aramäisch, Saliha Aydeniz auf Kirmançkî, Bereket Kar auf Arabisch, Zeynep Bayram auf Georgisch und Lasisch und Murat Mıhçı auf Armenisch.