Premiere von „Ich bin Eyşe Şan“ in Köln

Eyşe Şan gilt als Schrei gegen mehrfache Unterdrückung – die kulturelle und die als Frau unter patriarchalen Strukturen. Der Kulturbunker Köln präsentiert am Freitag die Uraufführung eines dokumentarischen Theaterstücks über das Leben der Sängerin.

Der Kulturbunker Köln präsentiert am Freitag (17. Dezember) die Premiere des dokumentarischen Theaterstücks „Ich bin Eyşe Şan“. Das Werk aus der Feder von Mîrza Metîn, Gründer des Kollektivs Şermola Perfomans, handelt von der bekanntesten kurdischen Dengbêj-Sängerin Eyşe Şan, die als eine der Vorkämpferinnen der kurdischen Musik gilt. Als Schauspielerin wird Berfîn Zenderlioğlu brillieren.

Eyşe Şan war eine Frau, die ihr Leben der Musik widmete. Musik war für sie Freiheit und Widerstand zugleich. In einer patriarchalen und feudalen Gesellschaft kämpfte sie sich als Frau und Künstlerin ihren Weg frei, der voll von Herausforderungen und Hindernissen war; Verbot der kurdischen Sprache, Zensur und staatlicher Druck. Mit ihrer Stimme und ihrer Schönheit war sie stets im Mittelpunkt, was ihr aber auch Probleme bereitete. Dennoch gab sie nicht auf und meisterte für ihre Musik einen beeindruckenden Weg.

1938 in Amed (tr. Diyarbakir) in eine Dengbêj-Familie geboren, hatte Eyşe Şan ihre ersten öffentlichen Auftritte 1958. Ihre Familie akzeptierte dies jedoch nicht. Daraufhin trennte sie sich von ihrem Ehemann, mit dem sie gegen ihren Willen verheiratet worden war, und ihren Brüdern und sang zunächst für eine Rundfunkstation in Dîlok (Gaziantep) in türkischer Sprache. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich währenddessen als Näherin. 1963 ging Eyşe Şan nach Istanbul. Sie gab etliche Konzerte, auf denen sie hauptsächlich auf Kurdisch sang, und brachte das berühmte Lied „Ez Xezal im“ heraus. Es folgten weitere Lieder, die sie aufnahm. Ihre Stücke handelten von politischen wie auch persönlichen Themen – vom Schmerz des kurdischen Volkes, dem seine Muttersprache verboten war, dem Leid von Verfolgung und Unterdrückung. Diese Lieder waren zwar große kommerzielle Erfolge, doch aufgrund eines für sie ungünstigen Vertrages profitierte sie kaum vom Erlös ihrer Platten.

Nach dem Militärputsch in der Türkei 1971 wurden die Lieder von Eyşe Şan verboten. Zu jener Zeit ging sie ins Exil und lebte drei Jahre lang in München, wo ihre einzige Tochter Şehnaz mit achtzehn Monaten verstarb. Schwer getroffen von diesem Schicksalsschlag zog sich die Künstlerin mehrere Jahre lang zurück. 1979 ging sie in den Irak, wo sie bei Radio Bagdad kurdische Lieder sang. Im selben Jahr trat sie erstmals in Südkurdistan auf, zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern wie Mihemed Arif Cizîrî, Tehsîn Teha und Nesrîn Serwan. Sie wollte zurück nach Amed, ihre Familie erlaubte es ihr aber nicht. Auch verweigerte man ihr einen letzten Besuch bei der Mutter, obwohl diese im Sterbebett lag. Die Künstlerin widmete ihr daraufhin das Lied Xerîbim Dayê (Ich bin allein, Mutter).

Eyşe Şan ließ sich in der türkischen Küstenregion Izmir nieder. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich in einem Postamt. In Einsamkeit verstarb sie am 18. Dezember 1996 an einer Krebserkrankung. Ihren letzten Wunsch, in der Geburtsstadt Amed begraben zu werden, ließen die Brüder unerfüllt.

„Ich bin Eyşe Şan“ lauscht der Stimme der Künstlerin. Das Recherchestück ist eine theatralische Erzählung im dokumentarischen Stil, die sich an den Videos, Gesängen, Aufnahmen, Fotos und Ausschnitten aus dem Leben von Eyşe Şan bedient. Für den Prozess des Schreibens und Inszenierens recherchierte Autor Mîrza Metîn unter anderem in den Biografien „Prensesa Bê Tac û Text – Eyşe Şan” von Kakşar Oremar und „Ez Eyşe Şan im“ von Zeynep Yaş, in den persönlichen Archiven beider Autor:innen. Auch griff Mîrza Metîn auf online verfügbares visuelles und auditives Material über Eyşe Şan, die persönliche Biographie von Berfin Zenderlioğlu und auch auf die antikolonialen Arbeiten von Schriftstellern wie Ngugi wa Thiong’o, Franz Fanon und Steve Biko zurück.

Informationen und weitere Termine

Die Vorstellung von „Ich bin Eyşe Şan“ in kurdischer Sprache mit deutschem Übertitel beginnt am Freitag um 20 Uhr im Kulturbunker Köln, Berliner Str. 20, 51063 Köln, Telefon 0221 / 61 69 26. Der Eintritt beträgt 15 Euro, Anmeldungen erfolgen unter [email protected] Im Kulturbunker gilt die 2G-Regel: Nachweis einer vollständigen Impfung oder Genesung. Weitere Termine stehen wie folgt fest:

Köln: 18. Dezember  //  20:00  // Kulturbunker Köln

Dortmund: 22. Januar // 20:00 // Theater Fletch Bizzel

Frankfurt: 24. Januar // 20:00 // Internationales Theater

Berlin: 1. Februar // 20:00 // TAK Theater