„Defend Kurdistan“: Störaktion an der Uni Gießen

„Defend Kurdistan“ und TekoJIN haben an der Justus-Liebig-Universität in Gießen eine Störaktion bei einer Veranstaltung mit der FDP-Politikerin Strack-Zimmermann durchgeführt und gegen den Krieg in Kurdistan protestiert.

Am Montag hat die Initiative „Defend Kurdistan“ gemeinsam mit TekoJIN, der Bewegung kämpferischer junger Frauen, an der Justus-Liebig-Universität in Gießen eine Störaktion durchgeführt, um auf den Krieg in Kurdistan und den Einsatz chemischer Waffen seitens des türkischen Staates aufmerksam zu machen. Anlass war eine Veranstaltung mit der FDP-Politikerin, Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, NATO- und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum Ukraine-Krieg. Strack-Zimmermann, die sich als Menschenrechtsverteidigerin inszeniert, wenn es um Putin und das russische Regime als gemeinsamen Feind der NATO geht, schweigt sich zum deutschen Bündnispartner Erdogan und seinen Kriegsverbrechen beharrlich aus.

In dem Redebeitrag, der während der Aktion verlesen wurde, hieß es: „Putin überfällt die Ukraine und tut, was Autokraten seit jeher getan haben: er schert sich nicht um das Völkerrecht, sondern setzt brutal seine imperialistischen Machtphantasien durch. Doch er ist nicht der einzige. An einem anderen Ort führt ein weiterer Autokrat, der türkische Präsident Erdogan, NATO- und Bündnispartner der Bundesrepublik, seit April diesen Jahres einen weiteren Angriffskrieg in Südkurdistan/Nordirak. Erdogan versucht das Gebiet zu besetzen, es ethnisch zu säubern und damit seine neoosmanischen Großmachtphantasien umzusetzen.“

Um diese Ziele zu erreichen, setze das türkische Regime massiv chemische Waffen in Südkurdistan ein. Auf die Forderungen seitens kurdischer und internationaler Organisationen, eine Untersuchung durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) anzuregen, reagierte die Bundesregierung mit Ablehnung.

„Es ist offensichtlich, dass eine Reaktion auf die türkischen Kriegsverbrechen seitens der Ampel-Regierung aufgrund politischer und wirtschaftlicher Interessen, Stichwort Flüchtlingsdeal und NATO-Erweiterung, nicht beabsichtigt ist“, kritisierte die Ko-Sprecherin der Initiative, Viyan Dersim, die Haltung deutscher Politiker:innen.

Die ausbleibenden Reaktionen seitens der internationalen Politik sind eine Unterstützung des türkischen Regimes und führen zu weiteren Eskalationen, wie die jüngsten schweren Angriffe auf Rojava zeigen: Seit der Nacht vom 19. auf den 20. November bombardiert die türkische Armee zivile Infrastruktur in der Autonomieregion, darunter auch Gefangenenlager, in denen Anhänger:innen der Terrormiliz IS interniert sind. Eine Folge sind Ausfälle in der Strom- und Wasserversorgung. Die Intention dahinter ist es, das Leben der Menschen unerträglich zu machen und die Menschen zur Flucht zu bewegen. Außerdem versucht der türkische Staat wie schon bei dem Angriff auf das Gefängnis in Hesekê Anfang des Jahres, den IS für das Erreichen seiner Ziele zu nutzen, indem er Islamisten zur Flucht verhilft und damit eine Reorganisierung seiner Kräfte vorantreibt. „Ohne die Zustimmung der USA, der NATO und auch Russlands könnte Erdogan keinen Schritt in Rojava tun. Das zeigt, dass sich die Mächte, die sich an anderer Stelle aktiv bekämpfen, einig sind, wenn es um die Vernichtung der Revolution in Kurdistan geht“, sagt Linus Debus, Ko-Sprecher von Defend Kurdistan.

Die Initiative fordert deshalb von der Bundesregierung den Abbruch aller diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum türkischen Regime, eine unabhängige Untersuchung über den Einsatz chemischer Waffen durch die türkische Armee und die Einrichtung einer Flugverbotszone über ganz Kurdistan.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann bestätigte, konfrontiert mit diesen Tatsachen, dass es zu Kriegsverbrechen seitens der Türkei in Kurdistan komme und sie es persönlich sehr bedauere. Auf die Frage, warum die Bundesregierung untätig bleibe, schwieg sie sich allerdings aus. Sie bestätigte aber einmal mehr, dass der Angriffskrieg, den der NATO-Partner Türkei im Schatten des Ukraine-Krieges führt, allen NATO-Staaten und auch der Bundesregierung bewusst ist, jedoch der Fokus der westlichen Staaten beim gemeinsamen Feind auf Russland liegt und das „Dilemma“ mit der Türkei ihr Lavieren zwischen der NATO und Russland sei. Zuletzt sagte Strack-Zimmermann noch, sie hoffe, das „die mutigen Türkinnen und Türken bei der nächsten Wahl Erdogan abwählen mögen“.

Warum allerdings die Unterstützung für das türkische Regime bei dieser Faktenlage und der offensichtlichen Einsicht hoher Politiker:innen ungebrochen ist, bleibt ungeklärt. Für die Mitglieder der Initiative „Defend Kurdistan“ ist klar, dass nur eine gemeinsame Anstrengung aller demokratischen und sozialistischen Kräfte auf allen Ebenen in der Lage sein wird, den Krieg in Kurdistan zu beenden. Sie rufen darum weiterhin zu Aktionen gegen den türkischen Faschismus auf und werten die internationalen Aktionstage von „Defend Kurdistan" vom 30. November bis zum 3. Dezember als einen ersten wichtigen Schritt in Richtung einer internationalen Front gegen den türkischen Faschismus.