Die feministische Initiative Women Defend Rojava Deutschland hat einen bundesweiten Aktionsaufruf gegen die türkische Luftangriffe auf Rojava, Şengal und Mexmûr gestartet und teilt dazu mit:
„Seit gestern Abend werden durch die türkische Luftwaffe zahlreiche Orte in Kurdistan bombardiert. Nachdem der Angriff des IS in Hesekê, in Nord- und Ostsyrien, durch die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) erfolgreich vereitelt werden konnte, startet die Türkei, ein Mitgliedstaat der NATO, erneut heftige Angriffe mit zahlreichen Kampfflugzeugen. Aktuelle Ziele sind Dêrik, wo sich wenige Stunden zuvor Tausende an der Beisetzung von zehn der 121 Gefallenen im Kampf gegen den IS in Hesekê beteiligten, Şengal, wo der IS im August 2014 einen Völkermord verübte, zehntausende Ezid:innen ermordete und Frauen und Kinder versklavte, sowie das Geflüchtetencamp Mexmûr in Südkurdistan, in welchem 12.000 Menschen leben. Darüber hinaus gibt es Berichte von Artillerie-Angriffen auf Şehba. Şehba ist eine Region nördlich von Aleppo, wo Zentausende Vertriebene aus Afrîn in Camps leben.
Wieder fliegen und morden Erdogans Drohnen und Kampfjets, immer wieder versuchen türkische Soldaten und islamistische Söldner das Land einzunehmen, das in den letzten Jahren mühevoll und selbstorganisiert aufgebaut wurde. Der Krieg in Nord- und Ostsyrien hat jedoch nie aufgehört, denn jeden Tag in den letzten Monaten waren Gefechte allgegenwärtig, Bomben und Drohnenangriffe waren tägliche Gefahr, Tausende ließen ihr Leben im Kampf für die Freiheit oder wurden vertrieben.
„Die Frauenrevolution ist eine Gefahr für das patriarchale System“
Wir verurteilen die erneuten flächendeckenden Bombardierungen und diesen anhaltenden Krieg auf's Tiefste. Nicht nur weil er zu Tod, Vertreibung, Hunger und Vergewaltigung führt - sondern weil er sich ganz konkret gegen eine der weltweit stärksten demokratischen und feministischen Bewegungen richtet. Gemeinsam mit der kurdischen Freiheitsbewegung, gemeinsam mit der PKK, haben die Menschen hier in den letzten zehn Jahren eine Gesellschaft aufgebaut, die freiheitlich, solidarisch und ökologisch funktionieren soll.
Während die einen dies als Terror deklarieren wollen, bestätigt sich für uns, dass der Kampf für das freie Leben, die Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien, eine Gefahr für die bestehenden patriarchalen und kapitalistischen Systeme darstellt. Ein Kurswechsel bezüglich der Kriminalisierung ist weder in der deutschen Innenpolitik noch in der Außenpolitik zu erkennen. Wenn Außenministerin Annalena Baerbock großkotzig sagt, sie werde als Grüne jetzt eine ,feministische Außenpolitik' machen, dann ist das ein Schlag ins Gesicht aller Feminist:innen. Täte sie das, würden wir eine grundlegende Veränderung der Politik erleben und nicht nur neoliberales Gewäsch. In Nord- und Ostsyrien können wir sehen was eine feministische Politik bedeuten kann, den Aufbau einer antikapitalistischen Gesellschaft, ein demokratisches System, das auf Teilhabe aller beruht und auf selbstorganisierten Strukturen, die von unten aus der Bevölkerung kommen. Dafür stehen wir als Feminist:innen ein.
Jetzt aktiv werden!
Viel zu oft haben wir in den letzten Jahren gesehen, was es bedeutet, wenn das türkische Regime Operationen wie diese startet. Deshalb liegt es an uns, jetzt aktiv zu werden! Wir rufen alle demokratischen und feministischen Kräfte dazu auf, sich zusammen zu schließen und Widerstand zu leisten. Üben wir Druck auf unsere Politiker:innen in unseren Wahlkreisen aus, informieren wir die lokale Presse, sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung und der Arbeiterpartei Kurdistans ein Ende findet, denn jene ist der politische Nährboden, auf dem dieser Krieg geführt werden kann. Unterstützen wir die Selbstverteidigung der Menschen vor Ort, sei es mit Spenden wie z.B. an die Hilfsorganisation Heyva Sor a Kurdistanê oder anderen Aktionen. Berichten wir auf den Straßen, in den Cafés darüber, dass Deutschland eine Mitverantwortung in dem Krieg hat, somit zur Reorganisierung des IS beiträgt und dafür sorgt, dass Tausende aus ihrer Heimat vertrieben werden.
Schließen wir uns zusammen und verteidigen wir gemeinsam die Frauenrevolution! Verbreitet eure Aktionen unter den Hashtags #stopturkishinvasion und #womendefendrojava. Die Zeit für Freiheit ist gekommen!“