Bayerische Justiz auf Erdoğans Spuren

Ein kurdischer Aktivist hat wegen geposteter Videos aus dem kurdischen Widerstand einen Strafbefehl von 120 Tagessätzen vom Amtsgericht Günzburg erhalten.

In der Türkei sind Inhaftierungen und Entlassungen aufgrund oppositioneller Beiträge in den sozialen Medien an der Tagesordnung. Das diktatorische AKP-Regime scheint seine Bewunderer in den Reihen der bayerischen Justiz und Polizei zu haben. Anders lässt es sich nicht erklären, dass die bayerische Justiz immer wieder Urteile produziert, wie sie eigentlich nur aus der Türkei bekannt sind. Das Amtsgerichts Günzburg erteilte einem jungen Kurden wegen Beiträgen in den sozialen Medien einen Strafbefehl in Höhe von 120 Tagessätzen wegen Verstoß gegen das Vereinsgesetz. Sowohl die Höhe als auch der Inhalt des Strafbefehls sind skandalös. Dass sich das Gericht nicht einmal die Mühe machte, die Namen der Organisationen, deren angebliche Symbole verboten seien, sauber zu recherchieren und beispielsweise aus den „HPG“ „HGP“ machte, ist symptomatisch für die Begründung, die offensichtlich in Unkenntnis der Rechtslage geschrieben wurde.

So wird dem Angeklagten vorgeworfen, dass in einem Video die Symbole von verschiedenen kurdischen Organisationen und das „verbotene Abbild Abdullah Öcalans“ zu sehen gewesen sei, außerdem seien auch verbotene Symbole der YPG zu sehen gewesen. Damit kriminalisiert das Gericht auch Bilder von Menschen, die T-Shirts mit Bildnissen Öcalans tragen.

YPG-Flagge in Deutschland nicht verboten

Es ist mehr als fraglich, ob das Zeigen eines Videos oder Bilder einer öffentlichen Versammlung diesen Tatbestand überhaupt erfüllen können. Absurd ist jedoch, dass hier auch von einem verbotenen Symbol der YPG die Rede ist. Auch wenn es Bayern gerne anders hätte, das Symbol der YPG ist in Deutschland nicht verboten. Das bestätigen das Innenministerium sowie Gerichtsurteile, unter anderem des Verwaltungsgerichts München.

Ganz abgesehen davon zeigt das Gericht seine Unkenntnis über den Gegenstand des Verfahrens, indem es die YPG fälschlich als Volksverteidigungseinheiten der PYD tituliert. Das Zeigen der Fahne der PYD stellt der Begründung nach ebenfalls einen Straftatbestand dar. Offensichtlich geht das Gericht, ohne sich zu informieren, über die vom Innenministerium ausgegebene Liste der angeblich von der PKK verwendeten Symbole und behauptet entgegen der Realität, diese seien alle verboten.

Erschwerend kam für den Angeklagten hinzu, dass er hätte erkennen müssen, dass diese unter das Betätigungsverbot der PKK fallen. Der Strafbefehl zeigt jedoch, dass nicht der Angeklagte, sondern das Gericht ein Problem damit hat zu erkennen, was unter das PKK-Verbot fällt und was nicht. Auf einer solch absurden Grundlage eine Vorstrafe von 120 Tagessätzen zu erteilen, kann nur als Ausdruck der Kurdenfeindlichkeit bayerischer Gerichte verstanden werden.