Prozess gegen Kerem Schamberger in München

Am kommenden Freitag steht der Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger vor dem Münchner Amtsgericht, weil er eine Anklageschrift gegen einen jungen Kurden auf Facebook gepostet hat.

Am Freitag, den 8. Juni, wird vor dem Amtsgericht München gegen den Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger verhandelt.

„Weil ich Mitte November 2017 die skandalöse Anklageschrift gegen einen jungen Kurden auf Facebook in geschwärzter Form (ohne Namen und Aktenzeichen, also anonym) gepostet hatte, hat das Amtsgericht München auf Betreiben der Staatsanwaltschaft München, die sich in den letzten Monaten und Jahren durch eine besonders eifrige Verfolgung kurdischer und türkischer Demokraten auszeichnet, einen Strafbefehl in Höhe von 3000 Euro an mich verschickt. Wegen ‚§ 353d (Absatz 3) Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen‘. Eine Lappalie, die laut Anwälten fast nie zur Anklage kommt“, erklärt Schamberger zu seinem Prozess. Die Zahlung des Strafbefehls hat er abgelehnt.

Ein Dutzend Verfahren wegen YPJ/YPG-Solidarität

Gegen Kerem Schamberger laufen zurzeit über ein Dutzend Ermittlungsverfahren wegen der öffentlichen Darbietung von Symbolen der Frauen- und Volksverteidigungseinheiten YPJ/YPG. Daher geht er davon aus, dass es nicht die letzte Gerichtsverhandlung in diesem Jahr sein wird:

„Insgesamt wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der einzige Prozess für mich sein in diesem Jahr. Es laufen gut ein Dutzend weiterer Ermittlungsverfahren wegen Zeigens von Symbolen der Frauen- und Volksverteidigungseinheiten YPJ/YPG in Rojava. Es ist bisher noch unklar, wie die Staatsanwaltschaft und das Gericht damit verfahren. Bundesweit gibt es diesbezüglich fast nur Freisprüche oder Verfahrenseinstellungen. In Bayern wurden deshalb Wohnungen durchsucht (auch meine), Laptops, Smartphones und Speichermedien beschlagnahmt. Ohne jeglichen ermittlungsrelevanten Erkenntnisgewinn, wie die mir mittlerweile übermittelten Unterlagen der Staatsanwaltschaft deutlich machen. Was die Polizei und der Verfassungsschutz allerdings mit den gewonnenen Telefonnummern und Emailadressen machen, steht auf einem anderen Blatt.“

Aufruf zur Prozessbeobachtung

Schamberger bezeichnet das aktuelle Verfahren gegen ihn nachvollziehbar als „politischen Prozess“ und lädt zur Beobachtung ein. „Es geht den Repressionsbehörden primär um Einschüchterung und Disziplinierung. Dies wird nicht gelingen, solange wir zusammenstehen. Es gilt nach wie vor das alte Motto: Einen Finger kann man brechen, aber fünf Finger sind eine Faust“, erklärt Schamberger auf seinem Facebook-Account.

Die Gerichtsverhandlung beginnt um 9.00 Uhr am Amtsgericht München (Nymphenburgerstr. 16, Raum A124).