Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen, denen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen wurde, begann bereits Ende der 1980er Jahre – entweder nach §129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung) oder ab Mitte der 1990er Jahre nach §129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung), erklärt der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ. Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die PKK als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. §§129a, 129b StGB einzustufen. Hunderte politisch aktive Kurd:innen sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten §129b StGB-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten der Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung und vermeintliche Mitgliedschaft in einer Organisation. Grundlage ist die nach §129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. In den §129b StGB-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Ermächtigungen weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden, so stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht.
Von durch Urteil entschiedenen bzw. zur Anklage gebrachten §129b StGB-Verfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK betroffen sind nach derzeitigem Stand und unserer Kenntnis 67 Aktivist:innen; zwölf Kurden befinden sich aktuell wegen dieses Vorwurfs in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. Untersuchungshaft.
Auf die folgenden Prozesse macht AZADÎ aufmerksam:
Kenan Ayaz (offiziell Ayas), OLG Hamburg
Die Hauptverhandlung gegen Kenan Ayaz neigt sich dem Ende. Am letzten Prozesstag hat der Senat die Beweisaufnahme geschlossen und die Bundesanwaltschaft, die die Anklage vertritt, hat auf eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten plädiert. Am nächsten Prozesstag werden alle drei Verteidiger:innen plädieren. Nach dem letzten Wort des Gefangenen, das einen oder auch mehrere Prozesstage in Anspruch nehmen kann, wird das Urteil gesprochen werden. Das Urteil wird also frühestens am 11. Juli gefällt, terminiert sind Verhandlungstage aber vorsorglich noch bis in den August.
Dienstag, 2. Juli (Plädoyer der Verteidigung)
Dienstag, 9. Juli (Letztes Wort des Angeklagten)
Donnerstag, 11. Juli
Mittwoch, 17. Juli
Montag, 22. Juli
Die Verhandlungen finden jeweils um 9.30 Uhr im Saal 237 des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 in 20355 Hamburg statt.
DHKP-C-Verfahren in Düsseldorf
Özgül Emre, Ihsan Çibelik und Serkan Küpeli (wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der DHKP-C), OLG Düsseldorf
Montag, 29. Juli 2024
Die Verhandlungen findet um 11.30 Uhr am OLG Düsseldorf im Kapellweg 36 in 40221 Düsseldorf statt.
Die Angeklagten wünschen sich jeweils ausdrücklich solidarische Prozessbegleitung und kritische Berichterstattung über die laufenden Prozesse.
(Die Termine können kurzfristig geändert werden.)