Auf Hetze von Innenminister folgt Gewalt gegen Abgeordneten

Der TIP-Abgeordnete Barış Atay wurde in Istanbul von einem faschistischen Mob angegriffen und als „Vaterlandsverräter“ tituliert. Zuvor hatte sich der Innenminister diffamierend über Atay geäußert und ihn als „potenziellen Vergewaltiger“ bezeichnet.

Der Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Arbeiterpartei der Türkei (Türkiye İşçi Partisi, TİP), Barış Atay, ist in Istanbul von einem faschistischen Mob angegriffen und leicht verletzt worden. Außerdem wurde der Politiker beschimpft und als „Vaterlandsverräter“ tituliert. Atay musste kurzzeitig in einem Krankenhaus behandelt werden. Bislang wurde niemand festgenommen.

Dem tätlichen Angriff vorausgegangen waren massive Diffamierungen und Beleidigungen durch den türkischen Innenminister Süleyman Soylu, der Atay in sozialen Netzwerken als „potenziellen Vergewaltiger“ bezeichnete. Hintergrund war die Kritik Atays, das Ministerium stelle sich schützend vor Vergewaltiger. Der TIP-Abgeordnete hatte das Vorgehen der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der Vergewaltigung von Ipek Er durch einen türkischen Offizier angeprangert. Die 18-jährige war von dem bekennenden Rechtsextremisten Musa Orhan tagelang festgehalten und mehrfach vergewaltigt worden, bevor sie in Êlih (türk. Batman) Selbstmord begangen hat.

„Am Abend des gleichen Tages, an dem unser stellvertretender Vorsitzender Barış Atay vom Innenminister an den Pranger gestellt wurde, ist er zum Ziel eines Angriffs ‚unbekannter Täter‘ geworden“, erklärte die TIP in einer ersten Stellungnahme. „Es ist nicht die Aufgabe eines Bürokraten, der vom Palast in das Innenministerium berufen wurde und über dessen Schicksal ein einziger Mann bestimmt, einen gewählten Abgeordneten zu beleidigen.“ Insbesondere dann nicht, wenn es Süleyman Soylu ist, der zu verantworten hat, dass die Türkei zu einem Land verkommen ist, in dem Frauenmörder und Vergewaltiger frei auf den Straßen herumlaufen, so die TIP weiter. „Der Innenminister, der es noch nicht mal einen Rücktritt fertigbringt, sollte seine Grenzen kennen.“ Am Dienstag will sich Atay im Rahmen einer Pressekonferenz zu dem Vorfall äußern.