Nach der Entlassung des Vergewaltigers Musa Orhan aus der Untersuchungshaft werden öffentliche Proteste laut. Der türkische Stabsunteroffizier und bekennende Rechtsextreme ist am Dienstagabend nach einwöchiger Haft freigelassen worden. Die 18-jährige Ipek Er, die von dem Täter tagelang festgehalten und mehrfach vergewaltigt wurde, hat in Êlih (türk. Batman) Selbstmord begangen. In den sozialen Medien wird unter dem Hashtag #MusaOrhanTutuklansin die erneute Verhaftung des Täters gefordert.
Die HDP-Abgeordnete Feleknas Uca, die der Familie der jungen Frau zur Seite steht, erklärte zu der Freilassung des Vergewaltigers, dass es sich dabei um eine Botschaft an alle Frauen und die Fortsetzung eines staatlichen Vergewaltigungskonzeptes handele. Ohnehin sei die Verhaftung nur erfolgt, um die nach dem Tod von Ipek Er erfolgten Proteste einzudämmen. Der Täter habe seinem Opfer vor deren Selbstmord erklärt, dass sie ihn jederzeit anzeigen könne, ihm werde sowieso nichts passieren. Die Haftentlassung habe ein weiteres Mal gezeigt, dass sich Sexualstraftäter, die im Dienste des Staates stünden, darauf verlassen könnten, von hoher Stelle geschützt zu werden und straffrei auszugehen.
Fuat Er, der Vater von Ipek Er, äußerte sich in einem veröffentlichten Video zu der neuen Situation und sagte, dass die Familie bisher geschwiegen habe. Das sei jetzt vorbei: „Unsere Familie ist zusammengebrochen. Meine Frau ist bewusstlos geworden, als die Nachricht von der Freilassung kam. Wir sind immer noch im Schockzustand und unser Schmerz ist so groß wie am ersten Tag. Ich möchte den Richter fragen, ob er ein ruhiges Gewissen hat. Wenn es seine Tochter gewesen wäre, hätte er dann den Mörder laufen lassen und geschwiegen?“
Fuat Er appelliert in dem Video an die türkischen Behörden und die Regierung und fordert Gerechtigkeit ein: „Ständig klingelt mein Telefon, Millionen Menschen schreiben mir Nachrichten, um uns zu unterstützen. Wir wollen doch nur Gerechtigkeit.“
Das türkischen Innenministerium hat unterdessen dementiert, in irgendeiner Weise an der Anordnung des Haftbefehls beteiligt gewesen zu sein. Gleichzeitig wurde angedroht, Medienorgane strafrechtlich für ihre Berichterstattung zu dem Fall zu belangen - insbesondere solche, die „der Terrororganisation" nahestehen.