Aktion für Ebru Timtik in Wien

Für die in Istanbul im Hungerstreik verstorbene Rechtsanwältin Ebru Timtik hat eine Protestaktion vor dem türkischen Konsulat in Wien stattgefunden.

Vor dem türkischen Konsulat in Wien hat am Freitag eine Protestaktion für Ebru Timtik stattgefunden. Die Kundgebung begann mit einer Gedenkminute für die am Donnerstagabend am 238. Tag ihres Hungerstreiks für ein faires Verfahren in einem Istanbuler Krankenhaus verstorbene Rechtsanwältin.

Die von der „Anatolischen Föderation Volksfront Österreich“ (Avusturya Anadolu Federasyonu Halk Cephesi) organisierte Aktion wurde von Aktivistinnen und Aktivisten des Demokratischen Kräftebündnisses (Demokratik Güç Birliği) unterstützt. In Redebeiträgen wurde zum gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus des Erdogan-Regimes aufgerufen und auf den Rechtsanwalt Aytaç Ünsal aufmerksam gemacht, der sich weiterhin in einem Istanbuler Krankenhaus im Hungerstreik befindet.

Ebru Timtik war im Februar gemeinsam mit weiteren inhaftierten Kolleg*innen, darunter auch Aytaç Ünsal, in den Hungerstreik getreten. Im März 2019 war sie zu einer dreizehneinhalbjährigen Haftstrafe nach Terrorparagrafen verurteilt worden. Mit dem Todesfasten forderte sie ein gerechtes Verfahren. Zuletzt wog sie nur noch 33 Kilogramm. Sie wurde gestern in Istanbul beerdigt.

DHKP-C-Verfahren

Ebru Timtik war eine von zwanzig Rechtsanwält*innen der linken Anwaltsvereinigung ÇHD (Çağdaş Hukukçular Derneği, deutsch: Verein progressiver Juristen), die im „Rechtsbüro des Volkes” (Halkın Hukuk Bürosu, HBB) tätig waren und im März 2019 im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) nach Terrorparagrafen zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Die Anschuldigungen gegen sie basierten ausschließlich auf den widersprüchlichen Aussagen des Kronzeugen Berk Ercan, Beweise für eine Straftat lagen nicht vor. Ebru Timtik ist bereits die vierte Oppositionelle aus dem DHKP-C-Verfahren, die dieses Jahr an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist. Am 3. April starb Helin Bölek, Solistin der Musikgruppe Grup Yorum. Sie hatte 288 Tage lang aus Protest gegen die Inhaftierung von anderen Bandmitgliedern und einem Konzertverbot, mit dem Grup Yorum seit 2015 belegt ist, die Nahrungsaufnahme verweigert. Am 7. Mai kam der Yorum-Bassist Ibrahim Gökçek nach einem 323-tägigen Hungerstreik ums Leben. Zuvor war am 24. April bereits der politische Gefangene Mustafa Koçak an den Folgen eines 296 Tage andauernden Nahrungsentzugs gestorben.