Stadt kassiert erste Schlappe gegen Ravensburger Klimacamp

Die Stadt Ravensburg hat ihre erste rechtliche Schlappe in ihrem Kampf gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Klimagerechtigkeitsbewegung kassiert. Ein Verfahren wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt.

Wie das Ravensburger Klimacamp mitteilt, hat die Stadt ihre erste rechtliche Schlappe in ihrem Kampf gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Klimagerechtigkeitsbewegung kassiert. Ein Verfahren wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ist von der Staatsanwaltschaft Ravensburg eingestellt worden. Allerdings gibt es weitere Verfahren, die noch anhängig sind.

Zum Hintergrund: Nachdem die Schwäbische Zeitung einen Tag vor Heiligabend über erhebliche Baumfällarbeiten am Bahndamm in Ravensburg berichtete, meldete Klimacamper Kim Schulz für den darauffolgenden 24. Dezember eine Protestversammlung am Fuße des damaligen ersten Baumhauses an. Das Ravensburger Ordnungsamt sah darin einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und ergriff rechtliche Schritte, obwohl das Bundesverfassungsgericht schon 1988 urteilte, dass bei solchen Eilversammlungen die sonst nötige 48-Stunden-Anmeldefrist entfällt.

Einschüchterung durch Leiter des Ordnungsamts

„Die Stadt kannte offensichtlich aber nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und forderte uns auf, die Versammlung nicht durchzuführen“, zitiert das Klimacamp die Aktivistin Rosina Kaltenhauser. „Falls Sie die Veranstaltung trotzdem durchführen, begehen Sie eine Straftat, die wir zur Anzeige bringen werden“, habe damals der Leiter des Ordnungsamts Kim Schulz per E-Mail geschrieben. Das Klimacamp Ravensburg startete am 12. Dezember in einer Linde an der Schussenstraße als Besetzung, um die Politik in Ravensburg auf ihren Handlungsbedarf aufmerksam zu machen.

Kriminalisierung von Engagement für Klimagerechtigkeit

„Euch ist schon klar, dass das so nicht stattfinden darf“, habe ein Polizist gleich zu Beginn der Aktion geäußert und begonnen, Personalien der Versammlungsteilnehmer*innen aufzunehmen. „Dabei ist zum Schutz der Versammlungsfreiheit gesetzlich verankert, dass Personalien auf Versammlungen nur bei besonderer Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufgenommen werden dürfen“, so Kaltenhauser. Die Ravensburger Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen den Versammlungsanmelder nach § 153 StPO ein. „Diese Entscheidung bestärkt uns in unserem Einsatz für Klimagerechtigkeit“, so Kaltenhauser. „Wir werden uns auch in Zukunft gegen die Kriminalisierung unseres Engagements wehren. Auch unsere Besetzung des Altdorfer Walds ist von der Versammlungsfreiheit geschützt.“

Mit vier Meter Abstand gegen Corona-Verordnung verstoßen?

Mit der nun erfolgten Einstellung sind noch acht weitere Verfahren gegen Klimacamper*innen anhängig, teilt das Ravensburger Camp mit. In fünf Fällen handele es sich um vorgeworfene Verstöße gegen die Corona-Verordnung. Auch Kaltenhauser ist betroffen, aber: „Mir wirft die Stadt vor, gegen die Corona-Verordnung verstoßen zu haben, obwohl ich mich bei mir zu Hause aufhielt.” In zwei anderen Fällen gibt die Stadt von den beiden Aktivist*innen an, sich in vier bzw. acht Meter Höhe im Baum befunden zu haben. „Vier Meter Abstand sind weit mehr als die zur Sicherheit erforderlichen 1,5 Meter“, erklärt Kaltenhauser. „Unsere Baumhäuser in Ravensburg waren ebenso wie die aktuelle Besetzung des Altdorfer Walds Corona-sichere Formen des Protests. Ist der Einsatz für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen wirklich kein zulässiger Grund, die Wohnung trotz Ausgangssperre zu verlassen?“

Weitere acht Verfahren gegen Klimacamper*innen

In zwei weiteren Verfahren geht es um Banneraktionen, darüber hinaus ist noch ein Verfahren wegen Kosten der Räumung eines Baumhausklimacamps in Höhe von 4.053,50 Euro anhängig. Die Stadt Ravensburg hatte die Räumung des Camps am Abend des 29. Dezember veranlasst. Dafür war ein großes Aufgebot an Polizei, SEK, Feuerwehr und Fahrzeugen wie Hebebühnen aufgefahren worden. Im Baumhaus befand sich zum Zeitpunkt der Räumung eine minderjährige Person. Im Gegenzug fuhren die Einsatzkräfte mit etwa 60 Polizist*innen, zehn SEKler*innen und mehreren Fahrzeugen der Feuerwehr auf.