Kanalgegner in Istanbul: Zwischen den Meeren gibt es Leben!
In Istanbul ist gegen den Bau eines Kanals zwischen dem Marmarameer und dem Schwarzen Meer protestiert worden. Die Demonstration fand auf der Trasse des geplanten Megaprojekts statt.
In Istanbul ist gegen den Bau eines Kanals zwischen dem Marmarameer und dem Schwarzen Meer protestiert worden. Die Demonstration fand auf der Trasse des geplanten Megaprojekts statt.
Auf der Trasse des geplanten Istanbuler Kanals vom Marmarameer zum Schwarzen Meer hat eine Demonstration stattgefunden. Die Aktivistinnen und Aktivisten fuhren von vier Sammelpunkten aus mit Bussen zum Dorf Sazlibosna, wo vor Beginn der Demonstration ein Forum veranstaltet wurde. Seda Elhan von der Initiative „Entweder Kanal oder Istanbul“ verwies auf die ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des Megaprojekts und erklärte: „Wenn wir sagen, dass wir uns für Istanbul einsetzen, setzen wir uns eigentlich für das Leben ein.“ Danach ergriffen mehrere Menschen das Wort und erläuterten ihre Gedanken zu Erdoğans neuem Prestigeobjekt.
Anschließend setzte sich ein Demonstrationszug in Bewegung, der nach zwölf Kilometern Marschroute im Dorf Şamlar endete. Die Teilnehmenden trugen dabei Schilder mit der Aufschrift „Istanbul ist gemeinsames Erbe“ und „Zwischen den beiden Meeren gibt es Leben“.
Das Megaprojekt „Kanal Istanbul“
Der türkische Staatschef Erdoğan will den „Kanal Istanbul“ gegen eine große Protestbewegung durchsetzen. Der von der türkischen Regierung für die Schifffahrt geplante Kanal soll parallel zum Bosporus verlaufen und das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbinden. Man wolle den intensiven Schiffsverkehr auf dem Bosporus entlasten und Unfälle vermeiden, heißt es aus Regierungskreisen. Gegner*innen vermuten, dass die AKP-Regierung mit diesem zerstörerischen Großprojekt, das 2023 zum hundertsten Jahrestag der Gründung der Türkei fertiggestellt sein soll, ihren Machterhalt sichern will. Wissenschaftler*innen prognostizieren verheerende Auswirkungen für die Umwelt, falls der Kanalbau verwirklicht wird.
Laut einem Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (CED) der Behörde für Umwelt und Städtebau, die das Bauvorhaben geprüft und als „positiv” eingeschätzt hatte, werden sich die Kosten des Kanals auf knapp 11,5 Milliarden Euro belaufen. Der „Kanal Istanbul“ schafft quasi eine neue Insel zwischen Kanal und Bosporus in der 16-Millionen-Metropole. In der Umgebung sollen auf 453 Millionen Quadratmetern neue Wohngebiete entstehen. Nach Angaben des Istanbuler Katasteramtes wurden entlang der geplanten Kanalstrecke bereits 30 Millionen Quadratmeter Land als billiges Ackerland verkauft. Nach dem Kanalbau würde es zu teuerstem Bauland mutieren. Die Spekulanten kommen aus dem arabischen Raum. Die drei größten Firmen sind aus Katar, Kuweit und Saudi-Arabien. Die Mutter des katarischen Emirs Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, Scheicha Musa bint Nasser al-Missned, hat in Istanbul eigens eine Firma mit 100.000 TL Kapital gegründet und bereits große Landflächen genau an der Strecke des Kanals gekauft. Diese Allianz zwischen AKP und Katar ist bereits aus der gemeinsamen Unterstützung für Dschihadisten in Syrien bekannt.