Gericht stoppt staatliches Bauvorhaben auf ODTÜ-Campus

Ein Gericht in Ankara hat den Bau eines Wohnheims auf einer bewaldeten Fläche auf dem Campus der renommierten ODTÜ-Universität für rechtswidrig erklärt. Die seit 311 Tagen gegen das Vorhaben protestierenden Studenten feiern ihren „würdevollen Sieg“.

Der Widerstand der Studierenden der renommierten Technischen Universität des Mittleren Ostens (ODTÜ) in Ankara hat Wirkung gezeigt: Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts in der türkischen Hauptstadt hat das Vorhaben, auf einer bewaldeten Fläche auf dem Gelände der Hochschule ein staatliches Wohnheim zu errichten, für rechtswidrig erklärt. In dem Kooperationsabkommen zwischen Rektor Mustafa Verşan Kök und der Anstalt für Ausbildungsförderungsdarlehen im Hochschulwesen und Verwaltung der Studentenwohnheime (KYK) sei nicht berücksichtigt worden, dass das Rektorat kein Mitspracherecht bei den Wohnheimen der ODTÜ hat, urteilten die Richter einstimmig.

311 Tage lang campten die Studierenden an der Stelle, an der das staatliche Heim errichtet werden sollte. Parallel dazu gab es überall im Land kulturelle und akademische Solidaritätsveranstaltungen, um auf den Widerstand der ODTÜ-Studierenden aufmerksam zu machen. Der etwa vier Hektar große Pappelwald, den Student*innen der 68er-Bewegung auf dem Campus angelegt haben, ist das Herzstück der Universität, die bekannt für ihre linken Lehrinhalte und ihr gegenkulturelles Campusleben ist. Und er ist einer der letzten grünen Orte in Ankara.

Die ODTÜ ist eine der liberalsten Hochschulen in der Türkei, hat eine gewisse Autonomie und steht daher nicht unter der vollständigen Kontrolle der AKP-Regierung. Diverse Versuche, das Personal der Universität, die bei der Studentenbewegung 1968 eine wichtige Rolle spielte, durch AKP-Anhänger zu ersetzen, verliefen bisher weitgehend erfolglos. Daher wurde das Bauvorhaben auf dem Campus von vielen Studierenden treffend als „trojanisches Pferd” empfunden. Die Gegnerinnen und Gegner des staatlichen KYK-Wohnheims vermuten, dass AKP-nahe konservativ-nationalistische Studierende eine zentrale Anlaufstelle erhalten sollen. Mehrfach hatten sie den Vorschlag eingebracht, ein Wohnheim auf einer nicht bewaldeten Fläche zu bauen, der jedoch konsequent abgelehnt wurde. Gegen Protestaktionen der Studierenden gegen das illegale Bauvorhaben ging die Polizei Dutzende Male auf Anweisung des von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan höchstpersönlich ernannten Rektors gewaltsam vor. Auch waren immer wieder protestierende Studierende festgenommen worden.

„Es lebe unser würdevoller Widerstand“

Zu ihrem Erfolg vor Gericht ließ die Widerstandsbewegung der ODTÜ am Freitag verlauten: „Der 311. Tag im Widerstand um unser Pappelwäldchen geht mit einem Sieg zu Ende. Zehn Monate lang kämpften wir gegen jene an, die mit Gewalt, Repression und Drohungen banditengleich ihr Unwesen treiben. Die heute verkündete Entscheidung ist ein Sieg der Natur gegen das Kapital, des Lichts gegen die Dunkelheit, des Guten gegen das Böse, der Freiheit gegen die Tyrannei, der Hoffnung gegen die Hoffnungslosigkeit. Es ist ein Sieg der ODTÜ-Studierenden gegen den vom Präsidentenpalast ernannten Statthalter und dessen Zwangsverwaltung. Es lebe der Widerstand für unseren Pappelwald, es lebe unser würdevoller Sieg.“