Erneut Familienherrschaft in Syrien

Der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa setzt eigene Verwandte in Schlüsselpositionen des Staates ein. Sein Schwager Ahmed al-Durubi, seinerzeit Terrorist der Al-Nusra-Front und des IS, ist beispielsweise Generalsekretär der Zentralbank.

Neue Familiendynastie „Al-Scharaa“?

Ahmed al-Scharaas Entscheidung, seinen engsten männlichen Familienkreis in wichtige Regierungsämter zu berufen, hat eine wachsende Debatte darüber ausgelöst, ob sich das versprochene „neue Syrien“ in Wirklichkeit in eine weitere Familiendynastie verwandelt. Obwohl die Assad-Familie seit langem in der Kritik stand, Syrien in ein Familienimperium verwandelt zu haben, scheint Al-Scharaa nun genau dieses Modell fortzuführen.

Der syrische Übergangspräsident ernannte seinen Bruder Maher al-Scharaa zum Generalsekretär des Präsidialamtes, während ein weiterer Bruder, Hazem al-Scharaa, mit der Leitung der Investitionsbehörde betraut wurde, die den wirtschaftlichen Wiederaufbau beaufsichtigt. Sein Cousin und Schwager Maher Marwan wurde zum Gouverneur von Damaskus ernannt. Darüber hinaus bestimmte Al-Scharaa seinen Cousin Uwais al-Scharaa zum Generalsekretär des Präsidentenpalastes, eine Funktion, die bekanntermaßen großen Einfluss innerhalb des Präsidentenamtes hat. Auch sein Schwager, Ahmed al-Durubi, ging nicht leer aus, sondern wurde zum Generalsekretär der Zentralbank, einer wichtigen Institution, die die Geldpolitik Syriens bestimmt, ernannt.

Al-Durubi schon in Dschihadistenmiliz an Al-Scharaas Seite

Gerade Al-Durubis Ernennung löste eine Kontroverse aus. Nicht nur wegen seiner familiären Verbindung zu al-Scharaa, sondern auch wegen seiner früheren Verbindungen zu radikalen dschihadistischen Gruppen kam starke Kritik. Er hatte enge Verbindungen zur Al-Nusra-Front (jetzt „Hayat Tahrir al-Sham“, HTS), die vom heutigen Übergangspräsidenten – der sich damals noch Abu Muhammad al-Dschaulani nannte – geführt wurde. Insbesondere soll Al-Durubi von seinem Schwager mit dem Einkauf von Raketen des Typs Konkurs im Wert von 120.000 Dollar beauftragt worden sein.

IS-Beitritt 2015

Überraschend verließ Al-Durubi 2015 die Terrormiliz Al-Nusra-Front und schloss sich dem selbsternannten Islamischen Staat (IS) an, wobei er angeblich die 120.000 Dollar für den Kauf der Raketen mitnahm. Nachdem der IS im Irak besiegt worden war, kehrte Al-Durubi nach Raqqa in Syrien zurück. Später habe er versucht, in die von der Al-Nusra-Front kontrollierten Gebiete in Idlib zu gelangen. Er soll Al-Dschaulani gegenüber sein Bedauern zum Ausdruck gebracht und um Vergebung gebeten haben, die ihm jedoch verweigert worden sei, würde er die Gelder nicht zurückgeben. Trotz dieser Vergangenheit wurde Al-Durubi am 8. Dezember 2024 zum Generalsekretär der Zentralbank ernannt.

Das Syrien der Familie Al-Scharaa

Dieses „Ernennungsmuster“ männlicher Familienangehöriger ist bereits nach wenigen Monaten weitreichend umgesetzt und umfasst eine Vielzahl von Spitzenpositionen in der Regierung. Was als Versprechen für ein „neues Syrien“ begann, wird zunehmend die Wiederherstellung genau der dynastischen, familienzentrierten Regierungsführung, die einst die Rechtfertigung für den Sturz des früheren Assad-Regimes war.