Türkisches Parlament stimmt für Tötung von Straßenhunden

In der Türkei sollen kranke oder aggressive Straßenhunde bald getötet werden. Das AKP/MHP-Bündnis hat für einen entsprechenden Gesetzesartikel gestimmt.

Opposition befürchtet „Massaker“

Das türkische Parlament hat einem umstrittenen Gesetzesartikel zugestimmt, der die Tötung von Straßenhunden vorsieht, die als krank oder aggressiv eingeschätzt werden. Die Abgeordneten aus dem Regierungslager segneten am Montag den fünften von 17 Artikeln eines Gesetzes ab, dessen Beratung am Sonntag begonnen hatte. Der Abschnitt sieht vor, Straßenhunde zu töten, die „eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen und Tieren darstellen“.

Auch Hunde mit einem „unkontrollierbaren negativen Verhalten und solche mit einer ansteckenden oder unheilbaren Krankheit“ sollen demnach getötet werden. Das gesamte Gesetz könnte in den kommenden Tagen verabschiedet werden. Tierschutzorganisationen befürchten, dass eine Massenkeulung von Straßenhunden droht. In der Türkei soll es etwa vier Millionen streunende Hunde geben.

„Stoppt das Massaker“ auf einer Kundgebung in Ankara © MA

Tierrechtsorganisationen kritisieren „Massaker-Gesetz“

Der Gesetzentwurf, der im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten des Parlaments unter Ausschluss von Tierschutzverbänden beraten wird, ist eine abgeschwächte Version des ursprünglichen Vorschlags, der vorsah, die Streuner einzufangen, in Tierheimen unterzubringen und einzuschläfern, wenn sie nicht innerhalb von 30 Tagen adoptiert werden. Dieser Entwurf löste einen öffentlichen Aufschrei aus; Tierrechtler:innen sprachen von einem „Massaker-Gesetz“. Jetzt befürchten sie jedoch, dass einige Gemeinden Hunde unter dem Vorwand, sie seien krank, töten könnten, anstatt Mittel für ihre Unterbringung bereitzustellen.

Opposition gegen Gesetz zur Tötung von Hunden

Parteien der Opposition haben angekündigt, das Gesetz nicht umzusetzen, falls es durchkommt. Am Sonntag demonstrierten Abgeordnete der DEM und CHP im Parlament gegen den Gesetzestext, der auch eine Kampagne zur Sterilisation von Straßenhunden vorsieht, indem sie sich in Kunstblut getränkte weiße Handschuhe überstreiften.

Die türkische Regierung verteidigt die neue Regelung mit einer Zunahme von Angriffen durch Straßenhunde sowie Fällen von Tollwut bei den herrenlosen Tieren. „Unser Volk will sichere Straßen“, hatte Staatschef Recep Tayyip Erdoğan erklärt. Seine islamistisch-konservative Partei AKP und deren Verbündete, darunter die rechtsextreme MHP, haben im Parlament die Mehrheit.

Die Massentötung von Hunden in der Türkei ist nicht neu. Schon 1910 waren etwa 80.000 streunende Hunde in Istanbul eingefangen und auf eine verlassene Insel im Marmarameer gebracht worden. Die Hunde fraßen sich dort vor Hunger gegenseitig, die meisten Tiere verhungerten schließlich. | Foto: Kundgebung gegen das Gesetz in Istanbul © MA

Proteste in vielen Städten

Gegen die geplante Tötung von Straßenhunden gab es in den vergangenen Wochen in vielen Städten immer wieder Protestkundgebungen. In Istanbul und Ankara finden seit mehr als zwei Monaten tägliche Mahnwachen statt, die von den Initiativen „Tiere, Leben, Freiheit“ und „Gesetz zum Leben“ ausgerichtet werden. Sie fordern, dass bestehende Gesetze, die vorschreiben, dass streunende Hunde eingefangen, kastriert und an den Ort zurückgebracht werden müssen, an dem sie gefunden wurden, umgesetzt werden. Sie argumentieren, dass eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Vorschriften ausreichen würde, um die Population der Tiere zu kontrollieren.