Trauerzeremonie für ezidische Genozid-Opfer in Bagdad

In Bagdad ist mit einer Trauerzeremonie 104 Opfern des ezidischen Genozids von 2014 gedacht worden. Die Überreste der Toten waren aus Massengräbern in Koço exhumiert und durch DNA-Tests identifiziert worden. Am Samstag werden sie in Şengal beerdigt.

In Bagdad hat eine offizielle Trauerfeier für 104 Bewohnerinnen und Bewohner aus dem ezidischen Dorf Koço in der Şengal-Region stattgefunden, die im Verlauf des am 3. August 2014 begonnenen Völkermords durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) getötet und in Massengräbern verscharrt wurden. An der Zeremonie am asch-Schahid-Monument, der „Gedenkstätte der Märtyrer“, nahmen der Präsident Barham Salih, Premierminister Mustafa Al-Kadhimi, der stellvertretende Parlamentssprecher Hassan Al-Kaabi, Außenminister Fuad Hussein, hochrangige Beamte und die Leiter der diplomatischen Vertretungen im Irak sowie zahlreiche Menschen aus Şengal teil. „Was unseren Söhnen und Töchtern verschiedener Religionen und Gemeinschaften widerfahren ist, ist eine Wunde für die ganze Nation. Der Sieg für die Opfer kann nur erreicht werden, wenn der Staat ihnen Gerechtigkeit widerfahren lässt”, sagte Barham Salih.

© Shafaq

Das Dorf Koço wurde 2014 vom IS fast vollständig ausgelöscht. Die Ortschaft zählte zum Zeitpunkt des Überfalls auf Şengal mehr als 1.800 Bewohner*innen. Am 15. August verübte der IS ein Massaker, bei dem etwa 600 ezidische Jugendliche und Männer getötet wurden, weil sie sich weigerten, zum Islam zu konvertieren. Fast 700 Frauen und rund 300 Kinder wurden aus Koço verschleppt und sexuell ausgebeutet beziehungsweise zu Kindersoldaten ausgebildet. Während einige wenige von ihnen fliehen konnten und andere infolge von Operationen der internationalen Anti-IS-Allianz aus der Gefangenschaft der Dschihadistenmiliz befreit wurden, werden rund 400 Menschen aus Koço noch immer vermisst.

© Shafaq

Bis zu 200 Massengräber in Şengal

In der Şengal-Region werden 200 Massengräber mit bis zu 12.000 Toten vermutet, die vom IS im Verlauf des Genozids angelegt wurden. Allein in Koço existierten mindestens siebzehn solcher Gräber, die bis Ende 2020 geöffnet wurden. Das erste Massengrab wurde im März 2019 freigelegt. Die dortigen Exhumierungen werden von der Ermittlungsgruppe UNITAD (United Nations Investigative Team to Promote Accountability for Crimes Committed by Da’esh/ISIL) unter Leitung von Karim Asad Ahmad Khan, einem britischen Menschenrechtsanwalt, durchgeführt.

104 Tote aus Koço nach Şengal überführt

Die sterblichen Überreste der 104 Toten aus Koço sind mithilfe einer aufwendigen DNA-Analyse von der UNITAD identifiziert und nun nach Şengal verabschiedet worden. In ihrem Heimatdorf Koço werden sie am kommenden Samstag den ezidischen Traditionen entsprechend beigesetzt. Der Prozess zur Identifizierung aller exhumierter IS-Opfer dürfte allerdings mehrere Jahre dauern. In vielen Fällen sei es mehr als schwierig, beklagen irakische Beamte, da DNA-Material von drei nahen lebenden Familienmitgliedern benötigt wird und viele Ezidinnen und Eziden gar nicht mehr so viele Verwandte haben.

© Shafaq