Stadtguerilla verübt Anschlag auf türkischen Rüstungskonzern

Eine Stadtguerillagruppe des Bündnisses HBDH hat in Ankara einen Anschlag auf den türkischen Rüstungskonzern Roketsan verübt. Bei der Explosion soll ein Teil der Produktionsanlage sowie ein Lager mit zugelieferten Rohstoffen zerstört worden sein.

Eine Stadtguerillagruppe des kurdisch-türkischen Bündnisses „Vereinigte Revolutionsbewegung der Völker“ (Halkların Birleşik Devrim Hareketi, HBDH) hat einen Anschlag auf den türkischen Rüstungskonzern Roketsan verübt. Auf dem Gelände des in Ankara beheimateten Herstellers für raketengetriebene Waffensysteme war es am Dienstagnachmittag zu einer heftigen Explosion gekommen. Laut HBDH-Angaben wurden dabei ein Teil der Produktionsanlage sowie ein Lager mit zugelieferten Rohstoffen zerstört. Durch die Explosion entstand eine meterhohe Rauchwolke, die kilometerweit sichtbar war. Auch die Druckwelle der Detonation war im zweieinhalb Kilometer entfernten Zentrum des Bezirks Elmadağ zu spüren. Roketsan wurde Ende der 80er Jahre durch das Staatssekretariat für Rüstungsindustrie gegründet. Die meisten Anteile hält die Stiftung der türkischen Streitkräfte (TSKGV).

Nähere Angaben zur „speziellen Technik“, mit der der Angriff ausgeführt wurde, macht die Gruppe – augenscheinlich aus taktischen Gründen – nicht. Wie es in einer Stellungnahme zu der Aktion heißt, sei der Anschlag von einer nach dem gefallenen Guerillakommandanten Tekoşer Gever benannten „Racheeinheit“ verübt worden. Es soll zu Toten und Verletzten gekommen sein, die genaue Anzahl ließ sich jedoch nicht feststellen. Zu Verlusten in den eigenen Reihen sei es nicht gekommen. Die Einheit befinde sich bereits wieder an ihrem Rückzugsort.

Regierungsnahe Medien hatten nach der Explosion lanciert, dass drei Mitarbeiter des Rüstungskonzerns durch Schrapnelle leicht verletzt worden seien. Der Größe der Rauchwolke nach zu beurteilen erscheint die Behauptung allerdings mehr als unglaubwürdig.

Zu den Hintergründen des Anschlags, der als Akt der Vergeltung zu verstehen sei, erklärt die HBDH: „Der AKP/MHP-Faschismus und das von ihm repräsentierte kapitalistische System sind Feinde der Völker, Arbeiter, Frauen und der Natur. Während die Regierung ihre Paläste und eine Handvoll Gefolgsleute vor dem grassierenden Coronavirus schützt, überlässt sie die Völker dem sicheren Tod. Bedürftige und Werktätige werden zur Arbeit in ihren Betrieben gezwungen, während geplünderte Staatskassen und Ressourcen in Kriege, Besatzung und die Taschen von Dschihadisten fließen. Alle proletarischen Völker Kurdistans und der Türkei sollten wissen, dass sie keinen einzigen Groschen des Fleißes, der ihnen geraubt wurde, zurückerhalten werden. Trotz Pandemie investiert der Faschismus nach wie vor in seine Besatzungsbestrebungen und verlegt Waffen und Truppen nach Libyen, Idlib, Rojava.

Während Erdoğan in tiefe Träume von seiner Weltführerschaft, erfüllt von dem AKP/MHP-Faschismus als regionale Macht versinkt, die unterdrückten und schutzbedürftigen Völker seine Faust spüren lässt, zeigt sich im Angesicht der Corona-Pandemie das Ausmaß seiner tatsächlichen Lage  – und jämmerlichen Hilflosigkeit. Eine Regierung, die noch nicht mal im Stande ist, die Verteilung von Schutzmasken zu organisieren, brüstet sich Tag für Tag mit ihrer Satellitentechnik und Lasertechnologie und stellt sich vor ihren Raketen, Drohnen und Bomben zur Schau. Doch wir alle haben mit eigenen Augen gesehen, dass mitten in der Hauptstadt am hellichten Tag Orte, die von dieser Regierung wie ein Augapfel beschützt werden, in die Unmengen an Vermögen fließen und die hochtechnologische Raketen herstellen, unseren Kräften schutzlos ausgeliefert sind.

Der AKP/MHP-Faschismus führt auch heute einen mörderischen Angriff auf die Kämpferinnen und Kämpfer des freien Kurdistans und die revolutionären Kräfte der Türkei durch. Jeden Tag bombardieren sie unsere Berge und singen dabei ihre Siegeslieder. Denn unser vereinter Kampf und die Kraft der Guerilla stellt die größte Bedrohung für den Faschismus und Kolonialismus dar. Auf dem Boden kann der Faschismus seinen Existenzkampf gegenüber der Guerilla nicht gewinnen. Einzig durch Luftangriffe kann er sich halten.

Am 20. August 2019 hat sich Tekoşer Gever, Kommandant unserer Komponente PKK, infolge eines Raketenangriffs der türkischen Besatzungsarmee den Reihen unserer Gefallenen angeschlossen. Tekoşer Gever war federführender Kommandant im Kampf gegen die menschenverachtenden Banden des AKP-Partners ‚Islamischer Staat‘ (IS) in Mexmûr/Südkurdistan. Er war maßgeblich am Sieg über die Miliz beteiligt. Als HBDH gedenken wir ihm und all unseren anderen Gefallenen mit Respekt und bekunden nochmals unsere tiefe Verbundenheit zu ihren Idealen, die wir zum Sieg tragen werden. Wir deklarieren hiermit den Angriff auf Roketsan in Ankara, dem „Augapfel“ der türkischen Streitkräfte TSK, als Vergeltungsschlag für Luftangriffe auf unsere Gebiete sowie unsere Freundinnen und Freunde.“