Libyen: Waffenruhe gebrochen – Kämpfe gehen weiter

Die in Berlin unter der Führung Moskaus und Ankaras vereinbarte Waffenruhe in Libyen ist de facto beendet. Die Kräfte des Generals Haftar marschieren auf die Hafenstadt Misrata.

Am Sonntag begannen die Kämpfe zwischen dem von Russland unterstützten General Haftar und der von der Türkei gestützten islamistischen Regierung in Tripolis erneut. Die Sarradsch-Regierung in Tripolis bestätigte, dass die Kämpfe wieder aufgeflammt seien und Haftar auf den Ort Abu Qurayn, 118 Kilometer von der strategisch wichtigen Hafenstadt Misrata entfernt gelegen, marschiere.

Jalel Harchaoui, Libyen-Experte am niederländischen Institut für Internationale Beziehungen Clingendael, erklärte gegenüber AFP, Haftars Schwenk auf Misrata sei eine Taktik, die darauf abziele, die Misratan-Milizen, die die Hauptstadt Tripolis verteidigen, in Richtung ihrer Heimatstadt zu locken. Harchaoui meinte, dass Haftar „gute Chancen auf Erfolg“ habe und er dadurch die Verteidigung der offiziell von der UN-Regierung anerkannte Einheitsregierung Libyens in Tripolis schwächen werde.

Haftars Streitkräfte hatten Anfang des Monats Sirte eingenommen und damit der Sarradsch-Regierung in Tripolis einen schweren Schlag versetzt. Sirte befindet sich etwa 370 Kilometer östlich von Tripolis.

Der türkische Regimechef Erdoğan hatte am Sonntag eine Erklärung abgegeben, der Waffenstillstand sei gebrochen und man werde weiter Paramilitärs und schwere Waffen nach Libyen schicken. Erst am späten Samstagabend hatte die UN-Unterstützungsmission für Libyen Erklärung herausgegeben in der es hieß, dass mehrere Länder, die an der Berliner Konferenz teilgenommen haben, gegen das Waffenembargo verstoßen haben: „In den letzten zehn Tagen wurden zahlreiche Fracht- und andere Flüge beobachtet, die auf libyschen Flughäfen im Westen und Osten des Landes landeten und die Parteien mit fortschrittlichen Waffen, gepanzerten Fahrzeugen, Beratern und Kämpfern versorgten“, so die UNO-Erklärung.

An der Berliner Konferenz nahmen unter anderem der russische Präsident Wladimir Putin, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der französische Präsident Emmanuel Macron, der ägyptische Präsident Abdel Fattah El-Sisi, der italienische Premierminister Giuseppe Conte und der US-Außenminister Mike Pompeo teil.

Öl-Exporte aus Libyen um 75 Prozent eingebrochen

Anfang dieses Monats besetzten mächtige Haftar treue Stammesgruppen mehrere große Ölexportterminals entlang der Ostküste sowie die südlichen Ölfelder. Die Schließung der wichtigsten Ölfelder und Produktionsstätten Libyens hat in den sechs Tagen bis zum 23. Januar zu Verlusten von mehr als 255 Millionen Dollar geführt, sagte die nationale Ölgesellschaft des Landes am Samstag.