Kritik an Festnahme von Yüksel Koç: Kurdische Organisationen fordern Kurswechsel

Nach der Festnahme des kurdischen Politikers Yüksel Koç in Bremen rufen KCDK-E und KON-MED die Bundesregierung auf, die Kriminalisierung kurdischer Politik zu beenden. Sie sehen darin ein Signal gegen Dialog und Frieden – und kündigen Proteste an.

Kundgebung vor der Bremischen Bürgerschaft angekündigt

Die Festnahme des kurdischen Politikers Yüksel Koç in Bremen hat in der kurdischen Diaspora scharfe Kritik ausgelöst. Die Dachverbände KCDK-E und KON-MED verurteilten das Vorgehen der deutschen Behörden und forderten ein Ende der „systematischen Kriminalisierung“ kurdischer Strukturen in der Bundesrepublik.

Koç, langjähriger Ko-Vorsitzender des kurdischen Europadachverbands KCDK-E, war am Dienstag in seiner Bremer Wohnung festgenommen und nach Karlsruhe verbracht worden. Dort soll er heute im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens auf Grundlage von §129b StGB („Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“) einem Haftrichter vorgeführt werden.

„Ein Signal gegen den Frieden“

In einer Stellungnahme bezeichnete der KCDK-E die Festnahme als „Signal – insbesondere an die kurdische Politik in Deutschland und Europa – dass nicht der Frieden, sondern der Krieg unterstützt wird“. Der Verband verweist auf die Initiative vom 27. Februar, als der in der Türkei inhaftierte PKK-Gründer Abdullah Öcalan zu „Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ aufgerufen hatte, sowie auf die Selbstauflösung der PKK, die auf ihrem 12. Kongress Anfang Mai beschlossen und öffentlich verkündet wurde.

„Yüksel Koç ist – wie viele der rund 1,5 Millionen in Deutschland lebenden Kurd:innen – ein Mensch, der sich für die Umsetzung der friedlichen Initiativen und des gesellschaftspolitischen Paradigmas Abdullah Öcalans und der kurdischen Freiheitsbewegung einsetzt. Seine Festnahme widerspricht den erklärten Absichten der Bundesregierung, einen politischen Lösungsprozess zu unterstützen“, heißt es in der Erklärung.

KON-MED: Repressive Kontinuität statt Wandel

Auch KON-MED, die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V., kritisierte das Vorgehen der Behörden scharf. Der Verband sieht in der Festnahme Koçs eine Fortsetzung repressiver Strukturen, die immer dann verstärkt würden, wenn sich in der Türkei Chancen auf eine Lösung in der Kurdistan-Frage abzeichnen. „Je näher eine Lösung der kurdischen Frage in der Türkei rückt, desto massiver werden die Repressionsmaßnahmen in Deutschland.“

Zugleich wurde an das Vorgehen gegen kurdische Vereine erinnert – etwa an die Razzia im Kulturzentrum Bremen im April oder die Verhaftung weiterer Aktivisten in den letzten Monaten. Die Organisation fordert insbesondere das Bundesinnen- und Justizministerium auf, die Kriminalisierung kurdischer Institutionen und Aktivist:innen zu beenden.

Aufruf zu Protest und Dialog

KON-MED ruft die kurdische Community und solidarische Gruppen für heute um 14:00 Uhr zu einer öffentlichen Kundgebung vor der Bremischen Bürgerschaft am Marktplatz auf. Es gehe darum, antikurdischen Rassismus und die Entrechtung kurdischer Stimmen in Deutschland sichtbar zu machen und gemeinsam gegen „willkürliche Praktiken“ vorzugehen: „Heute trifft es Yüksel Koç – morgen kann es jeden treffen, der sich für Demokratie und Minderheitenrechte einsetzt. Wir fordern alle auf, nicht zu schweigen.“

§129b als Waffe gegen politisches Engagement

Yüksel Koç war lange Jahre Vorstandsmitglied verschiedener kurdischer Föderationen und Dachverbänden und trug über viele Jahre hinweg eine führende Rolle in der kurdischen Exilpolitik sowie der Öffentlichkeitsarbeit der kurdischen Diaspora in Europa. Seine diplomatischen Bemühungen für Menschenrechte, Frieden und Demokratie werden von den Kurd:innen in Europa wie auch ihren Verbündeten geschätzt. Der §129b StGB, mit dem ihm nun mutmaßlich eine vermeintliche PKK-Mitgliedschaft vorgeworfen wird, schwebt wie ein Damoklesschwert über politisch aktiven Kurd:innen in Deutschland.