Hesen: Der türkische Staat ist gescheitert

Die türkische Angriffswelle auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien geht begleitet von Invasionsdrohungen weiter. Cihat Hesen vom Zivilrat Raqqa sieht die Kriegspolitik der Türkei trotzdem als gescheitert an.

Die Angriffe der Türkei auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien dauern unvermindert an. Nach Angaben der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) wurden am 2. Dezember 83 Dörfer und Siedlungen in den Regionen Efrîn, Euphrat und Cizîrê mit schweren Geschützen und Drohnen angegriffen, am 1. Dezember fanden Artillerieangriffe auf knapp 70 Dörfer und Gemeinden statt. Jeden Tag sterben Menschen oder erleiden erhebliche Verletzungen bei den Bombardierungen. Die Bevölkerung soll in Panik versetzt und vertrieben werden.

Zu der am 19. November gestarteten Angriffswelle hat sich Cihat Hesen gegenüber ANF in Raqqa geäußert. Hesen ist Ko-Vorsitzender des Komitees für die Arbeit auf gesellschaftlichem Gebiet im Zivilrat von Raqqa und sagt, dass der türkische Staat die Autonomieregion entvölkern und nach eigenen Vorstellungen regieren will: „Der türkische Staat greift zu verschiedenen schmutzigen Methoden, um die Region zu entvölkern. Es handelt sich um einen Krieg gegen die Existenz des kurdischen Volkes, ein Krieg um Sein oder Nichtsein.“

Die türkische Staatsführung agiere in der Wut auf das von den Völkern der Region gebildete demokratische System, erklärt Hesen. Die Angriffe hätten seit Beginn der Revolution von Rojava im Jahr 2012 nie aufgehört: „Je größer die Revolution wurde, desto stärker wurden auch die Angriffe. Der türkische Staat kann unser System nicht ertragen und wird noch aggressiver, wenn es explizit um die Kurden geht. Momentan erleben wir eine neue Angriffswelle, die von Invasionsdrohungen begleitet wird.“

Den nötigen Anlass dafür habe der türkische Staat mit der tödlichen Explosion am 13. November in Istanbul selbst geschaffen, sagt Hesen. Gleichzeitig sei mit dem Anschlag versucht worden, mögliche Proteste gegen die grenzüberschreitenden Angriffe im Vorfeld zu unterbinden. „Vor jedem Besatzungsangriff gibt es ein solches Komplott, um die Invasion zu legitimieren. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit. Der türkische Staat hat die Explosion selbst organisiert, vorbereitet und herbeigeführt. Gleich in den ersten Stellungnahmen nach der Explosion wird Kobanê erwähnt. Das sagt eigentlich schon alles. Kobanê ist der Ort, an dem die Revolution von Rojava ihren Ausgangspunkt hatte und der IS, in den der türkische Staat große Hoffnung setzte, erstmalig geschlagen wurde. In Kobanê wurde für die Würde der gesamten Menschheit gekämpft. Wenn der türkische Staat von Kobanê spricht, werden seine Machenschaften sofort deutlich. Er will Kobanê besetzen“, erklärt Cihat Hesen.

Die Türkei verfüge jedoch nicht über die Stärke, eine neue Invasion selbst zu entscheiden, betont Hesen. Ohne die Zustimmung internationaler Mächte sei eine Besatzung weiterer Gebiete in Nordostsyrien nicht möglich. Um die Genehmigung für einen umfassenden Besatzungsangriff zu erwirken, versuche der türkische Staat den Krieg in der Ukraine und die NATO-Erweiterung zu benutzen.

Zur aktuellen Lage der Bevölkerung erklärt Cihat Hesen, dass sich die Menschen trotz der permanenten Angriffen nicht vertreiben lassen: „Die Bevölkerung reagiert mit großem Widerstand auf die Angriffe. Dieser beharrliche Widerstand zeigt, dass der türkische Staat mit seiner Kriegspolitik scheitert.“