Hamburg: Neue Auflagen für Dauerkundgebung der Lampedusa-Gruppe
Seit April 2013 steht das Zelt der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, angemeldet als Dauerkundgebung, in Hamburg. Jetzt beschloss die Versammlungsbehörde neue Auflagen.
Seit April 2013 steht das Zelt der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, angemeldet als Dauerkundgebung, in Hamburg. Jetzt beschloss die Versammlungsbehörde neue Auflagen.
Seit April 2013 protestieren die Geflüchteten der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ am Steindamm, nahe dem Hauptbahnhof, mit einer Dauerkundgebung in einem Zelt. Die mehr als 200 Mitglieder der Gruppe waren vor dem Krieg in Libyen 2011 über die Mittelmeerinsel Lampedusa geflohen. Seit Anfang der Auseinandersetzungen in Libyen hatten Al Quaida nahe Milizen Jagd auf afrikanische Arbeitsmigrant_innen gemacht. Später kam das Bombardement der NATO dazu. Mehr als hunderttausend Menschen flohen insgesamt aus Libyen über das Mittelmeer nach Europa. Allein im Sommer 2011 ertranken mehr als 2000 von ihnen. Aufgrund der zunehmend militärischen Abschottung der Grenzen der EU kamen in den letzten 10 Jahren mehr als 50.000 Menschen im Mittelmeer ums Leben.
„Das Zelt ist zu einem Symbol der selbstbestimmten Kämpfe von Geflüchteten geworden. Wir haben in Libyen vor dem Krieg menschenwürdig gelebt, hatten ein Einkommen von meist über 3.000,- Euro und konnten unsere Familien in weiteren afrikanischen Ländern versorgen“, erklärt Ali Ahmet ein Sprecher der Gruppe. „Mit der Kundgebung fordern wir ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und ein menschenwürdiges Leben. Seit einigen Wochen versucht die Hamburger Versammlungsbehörde uns mit neuen Auflagen für das Kundgebungszelt zu vertreiben.“
Die Auflagen sehen vor, dass das Zelt ständig, auch in der Nacht, an drei Seiten geöffnet sein muss. Die Lampedusagruppe, der Flüchtlingsrat und der justizpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, Martin Dolzer, kritisierten dieses Vorgehen auf einer Pressekonferenz. Die neuen Auflagen seien nicht erfüllbar. Wenn sie in Kraft treten würden, wäre die Kundgebung faktisch beendet, denn gerade in den Wintermonaten sei es nicht möglich, dass Zelt ständig offen zu halten. Diejenigen, die das Zelt unter solchen Bedingungen betreuen würden, müssten wegen der Kälte ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Zudem sei das Zelt auch ein Schutzraum. Bei einer Öffnung steige womöglich auch das Risiko von rechten Übergriffen.
Der Senat muss sich endlich auf die Gruppe zubewegen
Mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht will die Lampedusa-Gruppe Mitte dieser Woche die Rücknahme der Auflagen erreichen. Die Lampedusa-Flüchtlinge fordern weiter ein gemeinsames Aufenthaltsrecht nach § 23 oder § 25 des Aufenthaltsgesetzes. „Der Senat muss sich endlich auf die Gruppe zubewegen und ihr eine humane politische Lösung anbieten. Das Bereitstellen eines Raumes in St. Georg wäre ein guter erster Schritt, um die seit Jahren festgefahrene Situation menschenwürdig zu lösen“, so Dolzer.
Viele Geflüchtete und Afrikaexpert*innen kritisieren, dass der Libyenkrieg hauptsächlich aus geostrategische Gründen geführt wurde. Die Regierung Ghaddafi hatte gemeinsam mit Südafrika und weiteren afrikanischen Staaten geplant eine Afrikanische Zentralbank und einen Afrikanischen Währungsfond aufzubauen, um den Kontinent aus der kolonialistischen Umklammerung zu lösen. Der Hauptanteil des Kapitals dafür wäre aus Libyen gekommen. Der Wille, dieses Vorhaben zu verhindern und der gewollte Zugriff auf die in dem Land reichlich vorhandenen Ressourcen Öl, Gas und Wasser, waren der Hintergrund der Intervention durch die NATO Staaten, die Menschenrechtsverletzungen, dienten lediglich als Vorwand. „Die NATO Staaten haben den Krieg aus eigennützigen Interessen begonnen und unsere Lebensgrundlage zerstört. Nun fordern wir von Deutschland und der EU Verantwortung zu übernehmen und uns hier ein Leben zu ermöglichen. Jeder von uns will arbeiten und etwas Positives zur Gestaltung der Gesellschaft hier beitragen. Viele Menschen in Hamburg unterstützen uns und auch unsere Forderungen, aber der Senat verweigert bis Heute jedes direkte Gespräch“, kritisiert Ali Ahmet.