Armenischer Zentralrat: Kein zweites 1915 zulassen!

Der Zentralrat der Armenier in Deutschland fordert, dass Deutschland die Armenier nicht wie beim Völkermord von 1915 im Stich lassen darf. Es müsse Druck auf Aserbaidschan und die Türkei ausgeübt werden, dazu gehöre die Einstellung von Rüstungsexporten.

Durch den Angriff der aserbaidschanischen Armee mit Unterstützung der Türkei und deren aus Syrien entsandten islamistischen Söldnern ist die armenische Zivilbevölkerung in der Republik Arzach (Bergkarabach) seit über einem Monat einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt. Darauf weist der in Frankfurt am Main ansässige Zentralrat der Armenier in Deutschland e.V. in einer Presseerklärung hin. Der ZAD fordert, dass Deutschland die Armenier nicht wie beim Völkermord von 1915 im Stich lassen darf:

„Dieser zerstörerische Krieg, der der armenischen Bevölkerung von Bergkarabach auferlegt wurde, hat bereits tausende Opfer und viel Leid auf beiden Seiten verursacht. Es ist längst Zeit, dies zu stoppen. Dafür muss man Klartext sprechen und den offensichtlichen Aggressor, in diesem Fall Aserbaidschan und die Türkei, beim Namen nennen. In diesem Fall bedeutet Neutralität, den Unterdrücker zu unterstützen. Wirtschaftliche Druckmittel müssen eingesetzt werden: Dazu gehört u.a. die Einstellung der deutschen Waffenlieferung oder der Förderung der Herstellung von Waffen in der Türkei, die gegen die Zivilbevölkerung in Bergkarabach eingesetzt werden.“

Appell an Bundestagsabgeordnete

Dafür appelliert der ZAD an Bundestagsabgeordnete: „So wie es in der Deutschen Verfassung festgelegt ist, ,bekennt sich das deutsche Volk darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.' Als Vertreter der deutschen Zivilgesellschaft und als deutsche Staatsbürger mit armenischen Wurzeln sind wir stolz auf diese Werte. Wir sind davon überzeugt, dass Sie als Abgeordnete/r des Deutschen Bundestags einen großen Beitrag dazu leisten können, eine weitere Tragödie sowohl bei der armenischen als auch bei der aserbaidschanischen Seite zu verhindern. Somit bitten wir Sie herzlich darum, Ihre Stimme zu erheben und eine aktive Rolle dabei zu spielen.“

Türkische Unterstützung für Aserbaidschan

Die türkische Regierung unterstützt Aserbaidschan sowohl militärisch als auch politisch, hält der ZAD fest: „Mit der Hilfe der Türkei (80 Millionen Einwohner, zweitgrößte NATO-Armee) setzt Aserbaidschan (9,9 Millionen Einwohner) mehr als tausend islamistische Söldner gegen die einheimische armenische Bevölkerung in Bergkarabach (150.000 Einwohner) ein. Dies wurde u.a. durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron als auch von internationalen Medien wie The Guardian bestätigt.“

Armeniern droht vollständige Vertreibung aus Arzach

Der ZAD geht davon aus, dass die Einnahme von Arzach durch Aserbaidschan „zu der kompletten Vertreibung der einheimischen armenischen Bevölkerung sowie zu massiven Kriegsverbrechen führen würde. Grundsätze des Völkerrechts so wie die territoriale Integrität wurden niemals eingeführt, um eine Völkermordpolitik, die zurzeit von Aserbaidschan und der Türkei durchgeführt wird, zu rechtfertigen oder zu unterstützen.“ Die armenische Bevölkerung von Arzach wolle in Frieden, Sicherheit und Würde in ihrer Heimat leben und die internationale Gemeinschaft sei in der Pflicht, die Zivilbevölkerung zu schützen. Wie im Fall der Kosovo-Albaner gehe es um die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts, so der ZAD: „Das Recht auf Selbstbestimmung ist eines der drei Grundprinzipien der OSZE-Minsker Gruppe.“

Drohender Völkermord und Kriegsverbrechen

In seiner Erklärung weist der ZAD auf eine Studie der US-amerikanischen Organisation Genocide Watch zur drohenden Gefahr eines neuen Völkermordes gegen die Armenier hin und listet mehrere von Aserbaidschan seit dem 27. September 2020 in Arzach begangene Kriegsverbrechen auf: So wurden Streubomben gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt, armenische Kriegsgefangene wurden exekutiert, die Kathedrale in Schuschi wurde zwei Mal bombardiert und am 28. Oktober wurden durch einen aserbaidschanischen Luftangriff die Geburtsklinik und das Kindergesundheitszentrum in der Hauptstadt Stepanakert schwer beschädigt.