Zehn Jahre Völkermord: YPG fordern Bestrafung der Täter

Vor zehn Jahren wollte der IS die Ezid:innen auslöschen. Noch immer kann sich die westliche Welt nicht darauf einigen, den Völkermord durch ein internationales Gericht aufklären zu lassen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Das ist beschämend, meinen die YPG

3. August 2014

Am 3. August 2014 wollte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Ezidinnen und Eziden der Şengal-Region auslöschen. Zehn Jahre später kann sich die internationale Gemeinschaft noch immer nicht darauf einigen, den Völkermord durch ein internationales Gericht aufklären zu lassen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Das ist beschämend, erklärte nun die Generalkommandantur der Volksverteidigungseinheiten (YPG). Ihre Kämpferinnen und Kämpfer waren es, die nach dem Überfall auf Şengal gemeinsam mit der PKK-Guerilla den IS zurückdrängten und einen Fluchtkorridor freikämpften, über den die zu Zehntausenden ins Gebirge geflüchteten Menschen gerettet werden konnten. Nur so konnte ein noch größeres Massaker verhindert werden.

„Der am 3. August 2014 verübte letzte Völkermord an den Ezidinnen und Eziden war monströs. Es war einer der brutalsten Genozide in der Geschichte der Zivilisation“, betonte die YPG-Kommandantur. Knapp 10.000 Menschen, vor allem Männer und Jungen über 12 Jahre, hat der IS beim Angriff auf Şengal ermordet. In der Region sind mehr als 90 Massengräber entdeckt worden. Etwa 7.000 ezidische Frauen und Kinder wurden als Sklaven verschleppt, verkauft, misshandelt, vergewaltigt, als Attentäter missbraucht. 400.000 Menschen flohen – ein Großteil harrt bis heute in Lagern aus und wartet auf eine Rückkehr in die Heimat. Viele sind traumatisiert, vor allem jene rund 3.500 Frauen und Kinder, die der IS-Sklaverei entkommen konnten. Etwa 2.700 weitere ezidische Frauen und Kinder werden bis heute vermisst.

„Die ganze Welt sah dabei zu, wie die ezidische Gemeinschaft vernichtet werden sollte. In der Person der Ezidinnen und Eziden wurde ein Genozid an der Menschheit begangen. Dass dieser nicht vollendet wurde, ist einzig der Freiheitsguerilla Kurdistans zu verdanken. Wir alle stehen in ihrer Schuld“, mahnte die YPG-Kommandantur. Zehn Jahre später hungerten Angehörige dieser Religionsgemeinschaft noch immer nach Gerechtigkeit. Hinzu käme, dass der Völkermord auf verschiedenen Ebenen fortgesetzt werde. Ein Täter sei der türkische Staat, der seit 2017 regelmäßig Angriffe mit Drohnen und Kampfflugzeugen auf Şengal verübt. Die YPG fordern westliche Mächte auf, einen klaren Standpunkt gegen die Türkei angesichts ihrer Verbrechen an den Ezidinnen und Eziden zu beziehen.  

„Die Türkei bricht mit ihren Angriffen auf Şengal wieder und wieder das Völkerrecht und begeht zugunsten der Rache für den IS Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der durch die Dschihadisten begonnene Völkermord wird so vor den Augen der internationalen Gemeinschaft fortgesetzt. Wir fordern, dass regionale Staaten und internationale Kräfte sich gegen diese genozidal motivierten Angriffe stellen. Die Türkei stellt eine große Gefahr für die Existenz des ezidischen Volkes und auch anderer Nationen im Nahen und Mittleren Osten dar.“ Weiter betonten die YPG: „Wie bereits vor zehn Jahren, stehen wir stets bereit, unser Volk gegen jegliche Angriffe zu schützen. Unsere Gedanken sind heute bei den Opfern des Völkermords und den Gefallenen, die ihr Leben gaben, um die Ezidinnen und Eziden zu verteidigen.“

Foto: Nach dem IS-Überfall auf den Şengal-Berg geflüchtete Ezidin (c) Abdurrahman Gök