Bei den seit dem 5. Oktober verstärkten Angriffen der türkische Armee auf die Infrastruktur und Wohngebiete in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien sind bisher 15 Menschen ums Leben gekommen, darunter acht Zivilisten. Ruksen Mihemed hat sich als Sprecherin der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) gegenüber ANF zu der neuen Angriffswelle geäußert.
Die YPJ-Sprecherin Ruksen Mihemed erklärte, die Angriffe des türkischen Staates auf die Region seien ein klarer Verstoß gegen internationales Recht, und sagte: „Die Angriffe auf Nord- und Ostsyrien dauern seit Donnerstag an. Zivile Siedlungen, Kraftwerke, die Wasserversorgung, Energieressourcen und Krankenhäuser werden von Kampfflugzeugen und Drohnen bombardiert. Es werden Dienstleistungszentren sowie Einrichtungen und Organisationen, an denen die Bevölkerung direkt beteiligt ist, angegriffen. Mit diesen Angriffen werden Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die Angriffe des türkischen Staates sind ein Krieg gegen das Völkerrecht, Gesetze werden verletzt. Die Verletzung der Grenzen eines Landes, die Durchführung von Terroranschlägen, Angriffe auf Zivilpersonen und auf die Infrastruktur eines Landes sind Kriegsverbrechen. In Nord- und Ostsyrien finden grausame Angriffe statt. Diese Militäroperation mit dem Anschlag von Ankara zu begründen, ist eine unrealistische Rechtfertigung. Die Angriffe des türkischen Staates sind terroristische Angriffe. Die Geschichte des türkischen Staates beruht auf Massakern und Völkermord. Sie ist die Fortsetzung der blutigen osmanischen Geschichte. Die Massaker in Gêliyê Zîlan, an den Armeniern, Tscherkessen und Arabern spiegeln sich heute in Nord- und Ostsyrien wider und wiederholen sich. Es sind Angriffe, die mit einem umfassenden Konzept verknüpft sind, nämlich einem Völkermord. Die Angriffe der faschistischen AKP/MHP-Koalition gegen das kurdische Volk haben nie aufgehört. Denn ihr Hauptziel ist es, den Völkermord zu vollenden und das kurdische Volk zu eliminieren. Es handelt sich auch um ein Massaker und einen Völkermord an den anderen in der Region lebenden Völkern. Neben dem Völkermord geht es dem türkischen Staat auch darum, die politische, wirtschaftliche und soziale Krise im Inland mit Angriffen nach außen zu überspielen."
Der türkische Staat ist hilflos und schwach
Der türkische Staat wolle mit diesen Angriffen „seine Diktatur fortsetzen", so Ruksen Mihemed weiter: „Und er will den Menschen in der Türkei signalisieren, dass er mächtig und willensstark ist. Aber die Situation, in der sich der türkische Staat befindet, zeigt seine Hilflosigkeit und Schwäche. Auf diese Weise versucht er, dem türkischen Volk Sand in die Augen zu streuen. Mit diesen Angriffen werden nicht nur die Infrastruktur und die Energieressourcen in unserer Region ins Visier genommen. Es ist vor allem auch ein Angriff auf die soziale Struktur, das demokratische Modell, das gemeinsame Leben der unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, den gemeinsamen Willen, die Geschwisterlichkeit und die Selbstverwaltung der Völker. Denn zum Vokabular des türkischen Staates gehören Krieg, Massaker und Völkermord und nicht der Begriff der Demokratie. Deshalb greift er die Menschen an, die für Demokratie, Gleichheit, Gerechtigkeit, Frieden und Geschwisterlichkeit eintreten.
Internationale Mächte machen sich mitschuldig
Ruksen Mihemed wies auf das Schweigen der internationalen Mächte zu den Angriffen auf die Menschen in Nord- und Ostsyrien hin und fuhr wie folgt fort: „Die Angriffe sind Kriegsverbrechen des türkischen Staates und finden vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt. Die Vereinten Nationen, die Institutionen und Organisationen, die die Menschenrechte verteidigen, und die internationalen Mächte schweigen jedoch und verschließen die Augen vor diesen Angriffen. Die Augen zu verschließen, zu schweigen und nicht Stellung zu beziehen, bedeutet, Partner bei Kriegsverbrechen zu sein. Die internationalen Mächte müssen sich gegen diese Angriffe positionieren und Stellung beziehen. Auch die Streitkräfte der Koalition und Russlands befinden sich in der Region. Obwohl sie die Kriegsverbrechen mit eigenen Augen gesehen und miterlebt haben, sind sie in ihrer Haltung sehr zurückhaltend geblieben. Es versteht sich von selbst, dass der Luftraum für den türkischen Staat geöffnet wurde und die Angriffe auf Zivilpersonen genehmigt wurden. Die Öffnung des Luftraums für den türkischen Staat und die Duldung der Angriffe bedeutet, sich an den Angriffen zu beteiligen. Die Koalition und die russischen Streitkräfte müssen eine harte Haltung einnehmen. Denn die Menschen in der Region kämpfen seit Jahren gegen den IS-Terror. Der Kampf gegen den IS-Terror hat Zehntausende Menschenleben gekostet. In Nord- und Ostsyrien wurde ein Krieg für die gesamte Menschheit geführt, die gesamte Menschheit wurde geschützt und verteidigt. Die moralischen Werte der Menschheit wurden verteidigt. Alle Mächte behaupten, die Menschenrechte zu schützen, aber wirklich verteidigt wurden sie hier. Deshalb müssen auch die Menschen in Nord- und Ostsyrien verteidigt und geschützt werden.“
Keine Macht kann unseren Widerstand brechen
Ruksen Mihemed erklärte, dass die YPJ ihre Aufgaben als Frauenverteidigungseinheiten erfüllen und den Angriffen im Rahmen des revolutionären Volkskriegs Seite an Seite mit der Bevölkerung entgegentreten werden: „Die Sicherheit unseres Volkes und die Stabilität unserer Region zu gewährleisten ist unsere grundlegende Aufgabe und Verantwortung. Wir werden Haltung gegen diese Angriffe beziehen. Wir werden eine harte Haltung gegen das Massaker an unserem Volk einnehmen und der Widerstand wird sich erheben. Der Widerstand, der mit der Philosophie von Jin-Jiyan-Azadî und einem freiem Leben, Gleichheit und Demokratie verbunden ist, wird weitergehen. Unsere Stärke, unser Wille, unser Selbstvertrauen und unsere Durchsetzungskraft sind das Ergebnis unserer Lebensphilosophie. Keine Kraft, kein Angriff wird uns zum Rückzug zwingen und unseren Willen und unsere Stärke brechen können. Denn die Quelle unserer Stärke ist der Widerstand und der Wille des Volkes. Wir werden das Vermächtnis unserer gefallenen Freundinnen und Freunde weitertragen. Dieser Wille, diese Entschlossenheit, unser Kampf um das Leben wird den Feind zur Rechenschaft ziehen. Unabhängig von der Schwere der Angriffe werden wir auf jeden Fall auf diese Angriffe reagieren. Der Kampf und der Widerstand der Menschen in Nord- und Ostsyrien muss sich auf alle Gebiete ausweiten. Frauen und junge Menschen müssen die Revolution der Frauen und Völker schützen. Die demokratischen Kräfte müssen aktiver sein und die Revolution stärker schützen. Wir müssen die Rojava-Revolution gemeinsam verteidigen."