YPJ beschließen Umstrukturierung der Frauenorganisierung

Nach den Demokratischen Kräften Syriens haben auch die Frauenverteidigungseinheiten YPJ eine Umstrukturierung beschlossen.

Am Wochenende hat im nordsyrischen Kanton Hesekê die Jahresversammlung der Demokratischen Kräfte Syriens (Quwwat Suriya ad-dimuqraṭiya, QSD) stattgefunden. Als grundlegender Bestandteil der QSD haben unter anderem auch die Frauenverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Jin, YPJ) an der Konferenz teilgenommen. Neben Beiträgen zur allgemeinen Entscheidungsfindung im weiteren Kampf gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) und einer Neustrukturierung der QSD kündigten die YPJ eine Strukturänderung der Frauenorganisation im Einklang mit der eigenen Authentizität an. Wir haben am Rande der Versammlung mit Axîn Nûcan aus der Generalkommandantur der YPJ gesprochen.

Nûcan erklärte, dass die auf dem Treffen behandelten Themen bereits länger auf der Agenda der YPJ stünden und äußerte zum Umgang mit den Herausforderungen im Kampf gegen den sogenannten IS: „Wir haben bei der Bekämpfung des IS Erfolge erzielt, sind uns aber im Klaren darüber, dass der Kampf noch nicht vorbei ist. Unsere Konferenz war geprägt von intensiven Diskussionen zur Frage, wie sich der Anti-IS-Kampf erfolgreicher gestalten lässt. Wie wir schon immer gesagt haben, ist dies eine wesentliche Herausforderung für uns. Bei unserem Treffen wurde das noch einmal hervorgehoben.

„Wir sind uns unserer historischen Rolle bewusst”

Wir als QSD und deren Komponente YPJ wissen, dass wir vor einer historischen Mission stehen. Dieser bedeutsamen Verantwortung möchten wir gerecht werden. Zu diesem Zweck haben wir unsere Schwächen anhand unserer Erfahrungen analysiert, unsere Stärken dabei erkannt und nach Wegen gesucht, sie weiter auszubauen. Dies war eines der Themen, die zur Diskussion standen.”

Gefahren und legitime Selbstverteidigung

Ein weiterer zentraler Punkt der Konferenz waren die derzeitige sicherheitspolitische Situation und bestehende Gefahren in Nord- und Ostsyrien. Axîn Nûcan äußerte dazu: „Wir sehen nicht nur den IS als eine Bedrohung. Es besteht die Gefahr einer Besatzung unserer Region durch den türkischen Staat. In diesem Sinne fand ein Ideenaustausch darüber statt, was wir gegen eine Invasion unternehmen können und wie wir uns darauf vorbereiten. Im Kern setzten wir uns als Kommandierende sowie Kämpferinnen und Kämpfer der QSD mit der Frage auseinander, wie die Gestaltung der Selbstverteidigung als eine militärische Kraft aussehen muss. Wir sprachen über die Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, und darüber, wie wir als legitime Verteidigungskraft reagieren können, sollten sich diese Gefahren konkretisieren.“

„Bereit für eine demokratische Lösung mit dem Regime“

Die QSD ziehen es stets vor, mit ihren Gesprächspartnern und Nachbarn in der Region in Frieden zu leben, sagte Nûcan. Dementsprechend haben sich neue Ideen zur Schaffung von Frieden, Stabilität und einem Lösungsprozess für die Region entwickelt: „Es fand ein reger Austausch über die Frage statt, welchen Weg wir für den Frieden einschlagen sollten und wie wir einen dauerhaften Frieden für unsere Bevölkerung gewährleisten. Wir glauben daran, dieses Ziel zu erreichen und erklären uns bereit, mit dem syrischen Regime an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten. Sobald den Kurden und allen anderen Völkern Syriens ihre Grundrechte zugesprochen und verfassungsrechtlich garantiert werden, steht einer Lösung mit Damaskus nichts mehr im Wege.“

„Wir werden uns umstrukturieren“

Mit dieser Konferenz hatten die YPJ/YPG sowie alle weiteren Komponenten der QSD erstmals in den acht Jahren seit Ausbruch des Krieges in Syrien die Gelegenheit, zusammenzukommen und eine Neustrukturierung zu diskutieren, betont Nûcan. „Es war ein historischer Tag. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit auf die Frage, wie wir uns als QSD entsprechend der neuen Phase leistungsfähiger organisieren können. Zudem beschäftigten wir uns mit den Möglichkeiten, wie unser Rat aktiver gestaltet werden könnte und wie unser Kampf bewusster wird, damit wir für neue Aufgaben und Kriegstaktiken gerüstet sind.

Die Konferenz war ausgesprochen erfolgreich. In allen Regionen wurden lokale Militärräte gebildet. Die QSD werden sich in Zukunft unter dem Dach eines Gesamtmilitärrats organisieren.“

YPG/YPJ ziehen sich aus Grenzstreifen zurück

Axîn Nûcan äußerte sich außerdem zu den Diskussionen hinsichtlich einer „Sicherheitszone“ im Grenzgebiet zwischen Rojava und der Türkei: „Der Plan wird weiterhin debattiert, Details sind noch unklar. Es gibt einige Punkte, denen wir nicht zustimmen und andere, mit denen die Türkei nicht einverstanden ist.“ Es gebe allerdings einige Gesten des guten Willens, so die YPJ-Kommandantin. Derzeit werden in einem fünf Kilometer ins Landesinnere reichenden Gebiet zwischen Girê Spî und Serêkaniyê die stationierten YPG/YPJ-Einheiten abgezogen. An ihrer Stelle treten die regionalen Militärräte auf den Plan. „Wie gesagt, die Diskussionen sind bisher noch nicht abgeschlossen. Wir sind offen für Gespräche über alle Schritte, die unternommen werden müssen, um die Sicherheit und den Frieden unseres Volkes zu gewährleisten. Genau das fordern wir seit sieben Jahren“, sagte Nûcan.

YPJ ist federführend bei Umstrukturierung

Abschließend wies Nûcan auf eine Umstrukturierung der Frauenorganisierung hin, die im Rahmen der Konferenz beschlossen wurde: „Seit Beginn der Revolution von Rojava und langen Kämpfen und Kriegen setzen sich die YPJ mit dem Thema auseinander, wie eine Umstrukturierung der Frauenorganisierung aussehen könnte und wie wir uns in die neue Phase einbringen. Auf unserer vor drei Monaten abgehaltenen Konferenz haben wir zwar Diskussionen darüber geführt, wie wir uns im Rahmen der Neustrukturierung in die Militärräte einbinden. Allerdings hatten wir keine konkreten Pläne, wie wir dieses Vorhaben umsetzen können.

Während der QSD-Jahreskonferenz haben wir die Notwendigkeit erörtert, eine führende Rolle im Umstrukturierungsprozess zu übernehmen. So wie wir schon in Zeiten des Krieges richtungsweisend bei Entscheidungsfindungen und der Koordination des Widerstands waren, werden wir auch die Neustrukturierung leiten. Auf dieser Grundlage führen wir, obwohl wir noch nicht vollständig festgelegt haben, wie es sein wird, Debatten über die Umstrukturierung unserer militärischen Frauenorganisation. Wir sind uns unserer Pflichten und Verantwortlichkeiten in der kommenden Zeit bewusst.”