Vandalismus: Mahnmal für Sayfo-Opfer in Qamişlo zerstört

Unbekannte haben in Qamişlo das Sayfo-Mahnmal zum Gedenken an den Völkermord an syrischen Christinnen und Christen zerstört. Die Stadt, die in Surayt Beth Zalin heißt, diente im Zuge des Genozids als Zufluchtsort für Überlebende jungtürkischer Verfolgung.

Am Mahnmal zum Gedenken an den „Sayfo“-Genozid haben Unbekannte vandaliert. Die Täter hätten zwei Gedenktafeln zertrümmert und Steine aus einem Kreuz herausgebrochen, teilte die christliche Sicherheitsbehörde Sutoro am Samstag mit. Die näheren Hintergründe, wie es dazu kam und ob ein politischer Hintergrund vorliegt, sind noch nicht bekannt. Die Sutoro hat Ermittlungen eingeleitet.

Der Militärrat der Suryoye (MFS) ist erschüttert über die Beschädigung des Mahnmals. „Wir verurteilen diesen inakzeptablen Angriff auf unser Gedächtnis, unsere Geschichte und unser Gedenken“, hieß es in einer Erklärung des christlichen Kampfverbands, der den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) angehört. Auch die Kirchenvorstände in Qamişlo, das in Surayt, der „Sprache des Tur Abdin” Beth Zalin heißt, reagierten fassungslos und verurteilten die Tat.

Als „Sayfo“ oder „Seyfo“ sind die Ereignisse von 1915 ins kollektive Gedächtnis der Suryoye gebrannt. Ähnlich wie Armenier:innen, Pontosgriech:innen, Ezid:innen und andere nicht-muslimische Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich wurden auch sie im Verlauf des Ersten Weltkriegs Opfer eines Genozids unter Verantwortung der jungtürkischen Regierung. Mindestens 500.000 – dem UNHCR zufolge sogar 750.000 – Suryoye (Angehörige der aramäischen, assyrischen und chaldäischen Bevölkerung) kostete dieser Völkermord das Leben, steht jedoch im Schatten des Genozids an der armenischen Nation. Der in Hesekê geborene Historiker Joseph Yacoub bezeichnet „Sayfo“ sogar als „versteckten Völkermord“, weil die Wissenschaft diesem Ereignis kaum Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ.

Das Mahnmal in Qamişlo befindet auf der Schukri-al-Quwatli-Straße im Zentrum der Stadt, dem Hotspot des dortigen christlichen Lebens. In der Gegend befinden sich neben christlichen Schulen auch einige bedeutende Kirchen der Suryoye, ebenso armenische Gotteshäuser. Eingeweiht wurde das Mahnmal am 19. Juni 2016 durch den syrisch-orthodoxen Patriarchen Mor Ignatius Aphrem II., der damals nur knapp einem Mordanschlag entging.

Ein Selbstmordattentäter hatte sich als Priester verkleidet und wollte den Patriarchen während eines Gottesdienstes unmittelbar nach der Einweihung des Mahnmals mit in den Tod reißen. Sutoro-Sicherheitskräfte konnten den Mann kurz vor dem Gebäude der Bruderschaft von Mor Gabriel aufhalten. Unmittelbar danach sprengte er sich in die Luft. Bei dem Anschlag kam ein Sutoro-Mitglied ums Leben, zehn weitere Angehörige der Sicherheitsbehörde wurden zum Teil schwer verletzt. Qamişlo wurde nach 1915 zu einem Zentrum der syrischen Christenheit. Durch die seit 2011 andauernden Kriege im Land und islamistischen Terror sind viele Angehörige der Suryoye ins Ausland migriert.