Türkische Armee im Bündnis mit dem IS

Muhammed Toqan ist von den QSD in Nordsyrien gefangengenommen worden. Er äußert sich im ANF-Interview über das schmutzige Bündnis zwischen dem türkischen Staat und den Milizen des IS und der FSA.

Der türkische Staat, der seit mehreren Jahren seine Bedrohungen gegen Nord- und Ostsyrien fortführt und im März 2018 in Efrîn einmarschiert ist, hat die FSA und den IS zusammengeführt und plant mit diesen Zellen weiterhin Chaos und Blutvergießen in Nordsyrien anzurichten.

In der Türkei und in den besetzten Gebieten von Nordsyrien werden Zellen der FSA und syrischen IS-Mitgliedern geschaffen. Syrische Flüchtlinge in der Türkei werden gegen Geld oder durch ein anderes überzeugendes Mittel in diese Zellen einbezogen.

Cuma Muhammad Toqan (Abu Salih), der sieben Jahre als Flüchtling in der Türkei lebte, ist einer der Milizionäre, die für Anschläge in den Nordosten Syriens geschickt wurden. Dort wurde er jedoch von den Sicherheitskräften festgenommen. Nach seinen Angaben halten sich in der Türkei viele IS-Terroristen auf, die mit den vom türkischen Staat gesteuerten den FSA-Milizen zusammen arbeiten, in Syrien Schläferzellen erschaffen haben und Anschläge im Nordosten Syriens organisieren.

Er wurde festgenommen, bevor er Erfolg hatte

Toqan ist 31 Jahre alt und kommt aus dem Bezirk Til Temir in Hesekê. Er ist verheiratet, hat ein Kind und geht 2011 in die Türkei. Bis 2018 arbeitet er in der Türkei. Sein Leben ändert sich, als sein Neffe, der IS-Anhänger Ahmed Saleh Toqan, in die Türkei kommt.

Gemeinsam mit zwei weiteren Milizionären von den unter türkischer Leitung stehenden „Schutzschild Euphrat“-Kräften und seinem Neffen richten sie eine „Schläferzelle“ ein, mit der Sabotageakte gegen die demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien geplant werden. Am dritten Tag nach seiner Ankunft in Abu Rasen in der Region Hesekê wird Toqan, der von seiner Zelle nach Syrien geschickt wurde, um Verbindungen mit anderen Zellenmitgliedern für Anschläge herzustellen, am 1. Juni 2018 von den Sicherheitskräften gefangengenommen.

Der IS Neffe kommt zur medizinischen Behandlung in die Türkei

Cuma Muhammad Toqan und sein Neffe Ahmed Salih Toqan schlossen sich 2011 der Dschihadistenmiliz Ahrar al-Sham in Deir ez-Zor an. Nach etwa dreieinhalb Monaten verließ Toqan die Miliz und ging im Oktober in die Türkei. Als Flüchtling in der Türkei reiste er in die Regionen Adana, Konya, Kırşehir, Mêrdîn (Mardin) und Riha (Urfa) und arbeitete dort in Großmärkten als Fahrer oder als Landarbeiter.

Toqan berichtet, dass sein Neffe Ahmed Toqan, mit dem er 2011 der Ahrar-u-Şam Miliz beigetreten war, in Syrien blieb und sich später dem IS anschloss. Als dieser 2017 in Deir ez-Zor einen Verkehrsunfall hatte, kam er 2018 mit seiner Familie zur medizinischen Behandlung in die Türkei. „Sie kamen nach Urfa. Mein Bruder, der Vater meines Neffen, arbeitete auf einem Hof in Urfa-Harran. Er fuhr Traktor und verwaltete die Felder für seinen Chef. Dieser hatte Kontakte zu Bevollmächtigten des Staates. Mit Hilfe dieser Kontakte wurde mein Neffe in Urfa im Krankenhaus behandelt. Es war ein staatliches Krankenhaus. Als ich die Türkei verlassen hatte, erhielt er noch immer von dort seine Medikamente“, sagt Toqan.

„Mein Neffe hat mich gebeten, mich ihnen anzuschließen"

Cuma Toqan erklärt, dass er mit seiner Tätigkeit in der Zelle durch die Organisierung seines Neffen und dessen Freunde in der FSA begonnen hat:

„Meinem Bruder ging es gut. Weil ich finanzielle Probleme hatte, wollte ich zu ihm und dort arbeiten. Normalerweise wohnte ich 60 Kilometer von ihm entfernt. Dort habe ich meinen Neffen und seine FSA-Freunde gesehen. Sie unterhielten sich in einem Raum. Sie sagten zueinander: Ich habe so und so viele Menschen zur Hand. Mein Neffe sagte zu ihnen: Ich habe eine Person. Mir wurde später klar, dass er mich meinte. Einer der Freunde meines Neffen hieß Muhammad Khayir und der andere Abdulmelle. Muhammad Khayir stammte aus Til Temir, Abdulmelle kam aus der Nähe unseres Dorfes. Mein Neffe kannte sie durch die FSA. Er hielt seine Beziehungen zu ihnen auch während seiner Zeit im IS aufrecht. Mein Neffe hat mich dann aufgefordert, mich ebenfalls dieser Zelle anzuschließen."

„FSA, IS und türkischer Staat agieren zusammen“

Nach Angaben von Toqan gehören die aufgebauten Zellen zur FSA, hinter ihnen steht die türkische Armee. Auf die Frage, zu welcher FSA-Gruppe seine Zelle gehört, antwortet er: „Schutzschild Euphrat“. Er erklärt, dass auch IS-Milizionäre in diesen Zellen waren: „Dreißig bis vierzig dieser Zellenmitglieder waren IS-Leute. Sie arbeiteten wie ein Netzwerk zusammen.“

Toqan betont, dass er sich zunächst nicht für eine Teilnahme an diesen Zellen entscheiden konnte und schließlich überzeugt wurde: „Sie kamen und gingen, bis ich überzeugt war. Sie sprachen über den Dschihad. Und dass Amerika in unser Territorium einmarschiert und unseren Boden einnimmt", sagt er.

In den Nordosten Syriens geschickt

Nachdem Cuma Toqan zugestimmt hat, sich an den entstandenen Zellen zu beteiligen, wird ihm befohlen, Minen nach Nordostsyrien zu bringen und diese an die dortigen Zellen zu liefern. Er begibt sich an die türkisch-syrische Grenze und reist nach Dirbesiyê in Nordsyrien ein, von wo aus er in das Dorf Suqiriye im Bezirk Zirgan weiterfährt.  

Er erklärt, wie er nach Syrien geschickt wurde: „Sie gaben mir 300 Dollar. 200 Dollar waren für mich. Und 100 Dollar für ein Telefon, damit ich mit den Männern in Kontakt treten konnte. Sie gaben mir eine Mine. Abdulmelle erklärte mir auch, wo in Syrien vergrabene Minen sind. Ich fragte nach den Leuten, die ich kontaktieren sollte. Sie sagten mir nichts. ‚Sie kennen dich auch nicht. Und wir haben ihnen deinen Namen ebenfalls nicht genannt‘, erklärten sie mir. Sie brachten mich nachts an die Grenze, erklärten mir den Weg und sagten: ‚Geh hier entlang.‘ Ich ging hinüber. Dort ging ich zu meinem Bruder in das Dorf Suqiriye im Bezirk Zirgan. Er arbeitete auf einer Hühnerfarm. In derselben Nacht haben wir die beschriebenen Minen ausgegraben.“

Gescheiterte Pläne

Drei Tage nach seinem Grenzübergang in den Nordosten Syriens wurde Cuma Toqan von Sicherheitskräften gefangengenommen. Dazu sagte er: „Am nächsten Tag riefen sie mich an und erzählten mir von der Person, die gekommen war, um die Minen abzuholen. ‚Unser Mann kann nicht zu dir kommen. Er ist am Checkpoint angehalten worden. Du gehst zu ihm‘, wurde mir gesagt. Ich antwortete, dass ich gerade erst angekommen bin, keinen Ausweis habe und nicht gehen kann. Wir beschlossen, meinen Bruder zu schicken.

Mein Bruder ist gegangen. Unser Haus befand sich im Bezirk Abu Rasen. Ordnungskräfte erwischten ihn dort. Er sagte ihnen, dass ich ihn geschickt hätte. Es war der 1. oder 2. Juni, als sie kamen und mich zu Hause festnahmen."

„Es gibt sehr viele IS Anhänger in der Türkei“

Cuma Toqan erklärt, dass sich in Adana, Riha oder dem Ort Qoser (Kızıltepe) in Mêrdîn sehr viele IS-Anhänger aufhalten: „Ahmed Toqan und andere erzählten davon. Und ich selbst kenne zwei Leute. Wir Syrer kennen uns normalerweise nicht mit dem richtigen Namen. Wir kennen uns mit Beschreibungen wie „Vater von Salih“ oder „Vater von Ahmed“ und reden uns so an. Es gab zwei IS-Anhänger, die ich persönlich kannte. Einer war aus Raqqa, der andere aus Deir ez-Zor. Der aus Raqqa lebte in Adana.“