Til Temir wegen Bombardements ohne Strom

In Til Temir und Umgebung ist die Stromversorgung zusammengebrochen. Grund ist die Bombardierung eines Umspannwerks durch türkische Besatzungstruppen und dschihadistische Söldner.

In Til Temir ist am Freitag das komplette Stromnetz zusammengebrochen. Zuvor haben die türkische Armee und verbündete Dschihadistenmilizen ein Umspannwerk gezielt ins Visier genommen. Mehrere Stromleitungen seien dadurch schwer beschädigt worden, teilte Fehed Semile, Direktor des örtlichen Elektrizitätswerks, mit. Die Anlage musste vom Netz genommen werden.

Das angegriffene Umspannwerk liegt in der Ortschaft Umm Kahf (Umm al-Keyf), wenige Autominuten westlich des Stadtzentrums von Til Temir und unweit der Kontaktlinie zwischen den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) sowie den türkischen Besatzern und ihren islamistischen Hilfstruppen. Seit dem Angriffskrieg vom Oktober 2019 wurde die Anlage rund vierzig Mal angegriffen, sagte Semile.

In unmittelbarer Umgebung von Umm Kahf befindet sich auch eine russische Basis, eine Reaktion der Moskauer Truppen auf den Angriff sei laut Semile aber bisher nicht erfolgt. „Aufgrund der fehlenden Intervention sowie fortgesetzter Bombardierungen konnten Instandsetzungsmaßnahmen noch nicht aufgenommen werden“, erklärte Semile. Aufgrund des Ausfalls der Stromversorgung im Schadensgebiet ist auch die weiter nördlich gelegene Gemeinde Zirgan (Abu Rasen) ohne Elektrizität.

Neben Umm Kahf schlug auch im nahegelegenen Dorf Tawila von türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen abgefeuerte Artillerie ein. Ob Menschen durch die Attacken verletzt worden sind, war zunächst unklar. Auch ist das Ausmaß der Schäden in den Dörfern noch nicht bekannt.

Strategische Lage von Til Temir

Til Temir nimmt eine Schlüsselposition in den Besatzungsplänen der Türkei ein, weil die M4 durch die Kleinstadt zieht. Der internationale Verkehrsweg gilt als Lebensader des nördlichen Syriens, denn er verbindet die Regionen Euphrat und Cizîrê miteinander. Damit gehört Til Temir zu jenen Orten im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien, die faktisch unter Dauerbeschuss stehen. Die Türkei versucht seit der Invasion im Oktober 2019, die christlich besiedelte Stadt im Chabur-Tal in ihre illegale Besatzungszone zu integrieren, und führt einen Zermürbungskrieg gegen die Bevölkerung. Dabei wird immer wieder auch gezielt die lebenswichtige Infrastruktur ins Visier genommen. Die Türkei greift auch in anderen Gebieten der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien Einrichtungen von Energieversorgern an. Eine Luftoffensive im vergangenen Oktober rund 80 Prozent der zivilen Infrastruktur dem Erdboden gleichgemacht: Wasser- und Energieversorgung, Krankenhäuser und Schulen, Ölfelder, Fabriken, Warenlager. Für weitere Zerstörung sorgte eine neuerliche Angriffswelle aus der Luft während der Weihnachtstage.

Titelfoto: Archivbild des Umspannwerks in Umm Kahf von Januar 2021