In den autonomen Gebieten Nord- und Ostsyriens haben tausende Menschen das Ende der Besatzung der Efrîn-Region gefordert. Sechs Jahre sind inzwischen vergangen, seit die Türkei nach einem knapp zwei Monate andauernden Angriffskrieg mit dem zynischen Namen „Operation Olivenzweig“ das damals noch nach dem Kantonsprinzip selbstverwaltete Efrîn (Afrin) mit Unterstützung dschihadistischer Söldnertruppen und deutschen Waffen einnahm. Die Bevölkerung leistete 58 Tage Widerstand, mindestens 1500 Menschen kamen in dieser Zeit ums Leben. Über 350.000 Menschen wurden vertrieben und der Alltag für die verbliebene Bevölkerung unter dem Besatzungsregime gleicht einer Terrorherrschaft: Ethnische Säuberungen, Veränderungen der Demografie, Plünderungen, Entführungen, Hinrichtungen und Vergewaltigungen prägen heute das Leben in Efrîn.
Viele Menschen trugen Fahnen ihrer Organisationen und Bilder von Gefallenen
„Dass die internationale Staatengemeinschaft den Angriff auf Efrîn einfach so hingenommen hat, hat Erdoğan in seiner Expansionspolitik bestärkt“, hielt Almas Al-Romi, Ko-Vorsitzende des Ökologieressorts für den Kanton Firat, auf einer Demonstration in Kobanê fest. Das sei besonders bitter, da es die Völker Nord- und Ostsyriens gewesen seien, die die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) besiegten und damit verhinderten, dass der Terror in die westliche Welt getragen werde. „Sie werden ihren Fehler früher oder später erkennen. Indes werden wir weiter dafür kämpfen, unsere Regionen von den Besatzern zu befreien, damit die Bevölkerung wieder nach Hause kann.“
Olivenzweige als Symbol des Friedens und Efrîns, das für seine alten Olivenbäume bekannt ist
Neben Kobanê wurde auch in anderen Städten im Gebiet der Selbstverwaltung für ein freies Efrîn protestiert, darunter in Raqqa, Tabqa, Minbic sowie in den kurdischen Vierteln Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo. Eine größere Demonstration fand im Kanton Şehba-Efrîn statt, wo Hunderttausende Menschen infolge des Angriffskrieges im Frühjahr 2018 Zuflucht gesucht haben und seitdem unter prekären Bedingungen in selbst errichteten Camps leben. In Redebeiträgen wurde nicht nur die westliche Welt dafür kritisiert, dass angesichts der Annexion Efrîns durch die Türkei und islamistischen Milizen Schweigen geübt wird. Auch die Liga der arabischen Länder (Arabische Liga) und die Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIZ) beanstandeten den völkerrechtswidrige Besetzung einer Region auf dem Territorium Syriens nicht.