Süleyman Şah: IS und türkische Armee Hand in Hand

Der gefangene IS-Kommandeur Abu-Hadjer sagt aus, dass sogar die Wachablösung der türkischen Armee am Süleyman-Şah-Mausoleum in Nordsyrien das ganze Jahr 2014 mit Hilfe des IS durchgeführt wurde.

Die Aussagen von IS-Mitgliedern, die von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) gefangen genommen worden sind, über die Beziehungen zwischen den Dschihadisten und dem türkischen Staat reißen nicht ab. Die gefangenen IS-Dschihadisten erklären ihre Bereitschaft, diese Aussagen auch vor einem internationalen Gerichtshof zu wiederholen.

Bilal Mihemed Abu-Hadjer kommt aus Casablanca in Marokko. Nachdem er dort den Salafismus kennengelernt hatte, machte er sich 2014 auf den Weg nach Syrien. Er reiste mit dem Flugzeug nach Istanbul und landete auf dem Flughafen Sabiha Gökçen. Von dort flog er nach Riha (Urfa) weiter und überquerte bei Kaniya Xezalan (Akçakale) ohne Probleme die Grenze nach Syrien. Von Beginn an arbeitete er aktiv im IS und stieg schnell zum Kommandanten auf. Er berichtet, er sei in verschiedenen Regionen Syriens aktiv gewesen. In der vom IS als „Rif Halab“ bezeichneten Region nördlich von Aleppo war er für den Aufbau von Schützengräben, Tunneln und anderen militärischen Befestigungen verantwortlich.

Es war nicht das erste Abkommen“

Der Dschihadistenkommandant war ebenfalls für die IS-Befestigungen in Dscharablus, al-Bab, al-Rai und Minbic verantwortlich. Er berichtet über die kampflose Übergabe von Dscharablus an den türkischen Staat: „Abu-Enes Iraqi war dort der Militärverantwortliche. Die Entscheidung kam und wir zogen uns zurück und leisteten keinerlei Widerstand.“ Auf die Frage, ob es sich dabei um ein Abkommen mit dem türkischen Staat handelte, erklärt er: „Was da gemacht wurde, war nicht das erste Abkommen. Es gab schon vorher zwischen uns Absprachen. Zum Beispiel am Süleyman-Şah-Mausoleum oder bei der Übergabe der Angestellten im Konsulat im Irak. Wir hatten uns zum Kampf vorbereitet, aber es kam die Entscheidung und wir wurden abgezogen. Es war klar, dass es ein Abkommen gegeben hatte.“

Muhadschir nahmen türkischen Soldaten gefangen“

Abu-Hadjer berichtet, dass eine Gruppe Dschihadisten aus Usbekistan und Tadschikistan, kurz nachdem die Qereqozax-Brücke den sogenannten FSA-Gruppen durch den IS abgenommen worden war, einen türkischen Soldaten gefangen genommen hatten. Der IS-Kommandant weiter: „Sie haben den Soldaten hergebracht und unseren Sicherheitskräften übergeben. Am folgenden Tag kam ein ranghoher türkischer Soldat und traf sich mit unseren Leuten. Sie übergaben ihm den Soldaten. Er nahm ihn dann mit.“

Der IS hat die Wachablösung der türkischen Soldaten durchgeführt

Auf die Frage, ob die am Süleyman-Şah-Mausoleum umzingelte türkische Armee ihre logistische Unterstützung mit Hilfe des IS erhalten hat, antwortet er, dass sowohl die Wachablösungen als auch die Versorgung der türkischen Soldaten dort mit Hilfe des IS stattgefunden hat. Er fährt fort: „Wenn die Zeit für eine Wachablösung am Süleyman-Şah-Mausoleum gekommen war, wurde uns Bescheid gegeben. Unsere Leute haben sie an der Grenze abgeholt und hingebracht und die Soldaten, die abgelöst wurden, an der türkischen Grenze abgesetzt. Die ankommende Gruppe brachte Lebensmittel, Munition und logistisches Material mit. Wir haben sie mitgenommen und dorthin gebracht.“

Über den Weg der Übergabe berichtet Abu-Hadscher: „Sie wurden am Grabmal abgeholt und dann nach Karakozak, von dort nach Dscharablus und dann nach Rai (Çobanbey) gebracht, wo sie der türkischen Armee übergeben wurden. Wir kümmerten uns um ihre Sicherheit.“ Der gefangene IS-Dschihadist erklärt, er werde diese Aussagen auch vor einem internationalen Gerichtshof wiederholen.

Erdoğan hat sich mit dem IS verständigt und das dazu Notwendige getan“

Die Umgebung des Süleyman-Şah-Mausoleums fiel mit der Flucht der FSA am 13. März 2014 in die Hände des IS. Der IS hatte am 20. März 2014 via Youtube erklärt: „Wenn das Mausoleum nicht binnen drei Tagen geräumt und die türkische Fahne eingeholt wird, wird es dem Erdboden gleichgemacht.“ Der damalige Ministerpräsident Erdoğan erklärte zu der Drohung am 25. März 2014: „Wenn es zu einem solchen Fehler kommen sollte, dann wird getan werden, was auch immer notwendig ist.“ Der damalige türkische Außenminister Davutoğlu erklärte, man habe einen Krisenstab eingerichtet und werde im Falle einer Bedrohung den Angriff auf jede Weise erwidern.

Hommage an den IS als Antwort auf den „Geist von Ashme“

Nachdem YPG und YPJ die Region im Februar 2015 vom IS befreit hatten, verlegte die türkische Armee mit Erlaubnis der Verwaltung des Kantons Kobanê und der Unterstützung von YPG und YPJ das Mausoleum in das Dorf Ashme (Eşme) bei Kobanê. Während der türkische Staat den IS lobte, sogar seine Wachablösung und die Versorgung der Soldaten mit Hilfe des IS durchführte und dabei keinerlei Schaden erlitt, protestierte er aufs Schärfste, als der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan den „Geist von Ashme“ begrüßte. Öcalan hatte in seiner Newroz-Erklärung 2015 gesagt: „Der Widerstand und der Sieg von Kobanê tragen sowohl für unsere Region als auch für die ganze Welt eine große Bedeutung. In diesem Zusammenhang begrüße ich den Geist von Ashme als ein neues historisches Symbol zwischen unseren Völkern.“ Der türkische Generalstab, der seine eigenen Soldaten mit Hilfe des IS transportieren ließ, verurteilte die Erklärung einer „Terrororganisation, welche seit 31 Jahren die verfassungsmäßige Ordnung bewaffnet bekämpft“ aufs Schärfste.