IS-Gefangene zu Beziehungen zwischen IS und Türkei – Teil 3

Der schwedische Staatsbürger und von den QSD gefangene IS-Dschihadist Abrar Mohamed berichtet: „Der IS schickte täglich Öl aus Deir ez-Zor und Raqqa in die Türkei. Dafür kamen Fahrzeuge mit jeglicher Hilfe beladen.“

Wir veröffentlichen heute den dritten Teil der vierteiligen Interviewserie der Nachrichtenagentur ANHA mit gefangenen IS-Dschihadisten zu den Beziehungen zwischen dem IS und der Türkei. Der Dschihadist Abrar Mohamed befindet sich in Gefangenschaft der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD). Im Interview spricht er über die Unterstützung der Türkei für den IS und die Beziehungen zwischen FSA-Gruppen und dem IS.

Der schwedische Dschihadist erklärt, er sei nach Syrien gegangen, um gegen das Regime zu kämpfen. Vor seiner Ausreise aus Schweden nimmt er Kontakt zu einem Schleuser auf, der Dschihadisten über die türkisch-syrischen Grenze bei Hatay bringt. Er reist 2013 von Schweden aus nach Istanbul. Noch bevor er aus dem Flugzeug steigt, ruft er die für den Grenzübertritt verantwortliche Person an. Er wird aufgefordert, mit dem Bus nach Hatay zu kommen.

Nach Mohameds Erzählungen trifft er dort auf eine Person, die ihm, ohne seinen Namen oder ihn persönlich zu kennen, gegen Geld beim Grenzübertritt helfen will. Wenige Stunden darauf brechen sie von Reyhanlı in Richtung Syrien auf.

Die Reise von Reyhanlı nach Idlib findet ohne jegliche Hindernisse statt. Abrar Mohamed berichtet, dass entlang der Grenze keinerlei Sicherheitskräfte des türkischen Staates anzutreffen waren und er sehr leicht die Grenze nach Syrien überqueren konnte. Dort angekommen, trifft er viele Ausländer.

„Messe bewaffneter Gruppen in Idlib“

In Idlib befinden sich viele verschiedene Milizen. Nach eigenen Angaben will Mohamed einer Gruppe beitreten, die gegen das syrische Regime kämpft. Alle Gruppen werben neue Mitglieder an, deswegen bezeichnet Mohamed die Situation dort auch als „Messe für bewaffneter Gruppen“. Er schließt sich dann der mehrheitlich aus Türken bestehenden Miliz „al-Muhadschirun al-Ansar“ an.

Zusammenarbeit zwischen FSA und IS in Idlib

Abrar Mohamed bleibt längere Zeit in Idlib. Er reist nach Aleppo, um einen Freund zu besuchen, und heiratet dort eine schwedische Frau. Es vergehen einige Monate und sowohl die Miliz, in der er sich befindet, als auch andere FSA-Gruppen beschließen, dem IS beizutreten. Nach den Erzählungen Mohameds wird die Führung von Idlib zwischen den unterschiedlichen Milizen aufgeteilt. Seine Gruppe, die Miliz „al-Mohajirin al-Ansar“, geht 2014 nach Raqqa und schließt sich dem IS an.

IS-Gruppen greifen Basufanê unter falscher Flagge an

Im Jahr 2013 agiert im Westen von Aleppo und in Idlib die Milizstruktur al-Tawhid, in der sich unter anderem auch Ahrar al-Sham und Faylaq al-Sham befinden, gemeinsam mit dem IS. Dieses Bündnis hat 2012 das von den YPG befreite Dorf Basufanê in Efrîn angegriffen.

Die YPG leisteten massiven Widerstand und der IS einschließlich der anderen Milizen erlitt hunderte Verluste. Abrar Mohamed bestätigt, dass hinter dem Angriff der IS stand, aber dass man die kurdischen Städte, um die Öffentlichkeit zu täuschen, unter anderem Namen angegriffen wurden.

Die Türkei nimmt das Öl und lässt ausländische Dschihadisten über Grenze

Abrar Mohamed fährt fort: „Die Hilfe [für den IS] kam direkt aus der Türkei. Der IS schickte täglich Öl aus Deir ez-Zor und Raqqa in die Türkei. Dafür kamen Fahrzeuge mit jeglicher Hilfe beladen und die ausländischen [Dschihadisten] wurden über die türkische Grenze gelassen.“

IS-Kommandanten werden in der Türkei behandelt

Der schwedische Dschihadist berichtet weiter, in seinem Heimatland sei er Krankenwagenfahrer gewesen. In Raqqa wird er von dem IS-Dschihadisten Abu Musab al-Suwaidi erneut mit dieser Arbeit beauftragt. Er sei als Krankenwagenfahrer immer wieder Zeuge davon geworden, wie viele IS-Kommandanten in Krankenhäusern der Türkei behandelt wurden.

Er berichtet zum Beispiel, wie der IS-Kommandant Abu Hafez al-Maghribi in einem Krankenhaus in der Türkei behandelt wurde, und fährt fort: „Einmal erreichte ein Dokument vom Mudschahirun-Komitee [Stelle für Angelegenheiten ausländischer Milizionäre] Abu Musab al-Suwaidi. Es ging darum, dass Abu Hafez al-Maghribi zur Behandlung in ein Krankenhaus in die Türkei gebracht werden sollte. Sie brachten ihn in die Türkei und wenige Monate später kam er wieder zurück.“ Dieser Kommandant sei mit Hilfe des türkischen Geheimdiensts in die Türkei gebracht worden.

Hilfe für IS wegen QSD-Offensive massiv verstärkt

Als die QSD mit ihren Offensiven in Nord- und Ostsyrien begannen, befürchtete der IS nach Mohameds Aussagen, von den logistischen Versorgungswegen abgeschnitten zu werden. Aufgrund dessen habe die Türkei größte Mengen an Hilfe geschickt, die in den Depots des IS eingelagert wurden.

Zu Beginn der QSD-Offensive auf Raqqa will Abrar Mohamed nach Mayadin gehen. Als syrische Regierungstruppen Mayadin bombardieren, geht er stattdessen nach Hajin. Seine Karriere als IS-Dschihadist endet, als er sich dort den QSD ergibt.