Die Arbeiten an der Entwicklung eines neuen Gesellschaftsvertrags für Rojava und Nord- und Ostsyrien stehen vor dem Abschluss. Ein Komitee aus Vertreter:innen der Basisräte, zivilgesellschaftlicher Organisationen, der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Politiker:innen steht kurz vor der Fertigstellung eines Entwurfs. Zuvor fanden breite Diskussionen auf Volksversammlungen statt. Der Entwurf des neuen Gesellschaftsvertrags enthält 99 Artikel, die Grundrechte und Freiheiten, Grundprinzipien und soziale Regelungen festlegen.
„Selbstverteidigungsorganisationen gegenüber Räten rechenschaftspflichtig“
Der Artikel 76 regelt die legitime Selbstverteidigung und deren Verbindung zu den Basisräten. Darin heißt es: „Die gesellschaftlichen Selbstverteidigungskräfte sind verantwortlich für den Schutz Nord- und Ostsyriens und den Schutz der Zivilbevölkerung, ihrer Häuser und ihres Eigentums vor Angriffen und Invasionen. Die Selbstverteidigungsorganisationen sind unter einem gemeinsamen Generalkommando organisiert und dem Demokratischen Volksrat unterstellt. Die lokalen Selbstverteidigungsorganisationen sind auch gegenüber den lokalen Volksräten rechenschaftspflichtig.“
Sozdar Dêrik aus der Generalkommandantur der YPJ beschreibt den neuen Gesellschaftsvertrag als Grundlage der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, da darin insbesondere auch die Organisierung in Räten, die Selbstverwaltung von der Basis her und der Aufbau der Verteidigung beschrieben werden. Daher habe der Vertrag eine immense Bedeutung.
„Dieser Gesellschaftsvertrag repräsentiert uns“
Dêrik erklärt: „Dieser Vertrag repräsentiert uns, viele Artikel wurden diskutiert und wir haben an den Diskussionen teilgenommen. Die YPJ ist von großer Bedeutung für den Schutz der Gesellschaft und der der Völker.“ Als autonome Frauenverteidigungskräfte sähen sich die YPJ in dem Vertrag repräsentiert, sagt Dêrik und fährt fort: „Wir treten für Autonomie ein, und wir werden von dieser Linie nicht abweichen. Auf dieser Grundlage betrachten wir die Artikel im Gesellschaftsvertrag als richtige Schritte. Alle gesellschaftlichen Bereiche und Gruppen in Nord- und Ostsyriens sollten sich an der Arbeit am Gesellschaftsvertrag beteiligen und ihn schützen.“
„Selbstverteidigung ist das Recht aller Völker“
Die basisdemokratische Selbstorganisierung und Selbstverteidigung sei insbesondere angesichts der globalen Verteilungskämpfe weltweit von unabdingbarer Bedeutung, erklärt Dêrik und führt aus: „Diese Situation zeigt sich in den Kriegen in Afghanistan, der Ukraine und Syrien. Niemand verteidigt oder schützt Völker, die sich nicht selbst organisieren oder verteidigen. Sie werden immer Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt sein. Selbstverteidigung ist die Hauptaufgabe der Menschen dieses Landes und der Gesellschaft. Selbstverteidigung ist das legitimste Recht aller Völker.“ Der Gesellschaftsvertrag könne geändert werden, wenn ein Übereinkommen über eine demokratische Verfassung für ganz Syrien getroffen werde.