„Wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag“

Die Ko-Vorsitzende des Demokratischen Syrienrats, Emine Omar, erklärt zur Entwicklung eines neuen Gesellschaftsvertrags für Nord- und Ostsyrien, dass nach der Befreiung von Gebieten wie Raqqa, Deir ez-Zor und Tabqa ein neuer Vertrag notwendig wurde.

Die Vorbereitungen zur Erstellung eines neuen Gesellschaftsvertrags laufen auf Hochtouren. Am 15. Juli 2021 hatte die Selbstverwaltung einen Ausschuss zur Entwicklung eines Entwurfs für einen neuen Gesellschaftsvertrag für Nord- und Ostsyrien einberufen. Dort wurde ein Entwurf erarbeitet, der nun in der Bevölkerung diskutiert werden soll.


Im ANF-Gespräch äußert sich die Ko-Vorsitzende des Demokratischen Syrienrats (MSD), Emine Omar, zur Erstellung eines neuen Gesellschaftsvertrags: „Nach der Befreiung größerer Gebiete wie Raqqa und Tabqa war der bestehende Gesellschaftsvertrag nicht ausreichend, um alle sozialen Segmente einzuschließen und zu repräsentieren. In dieser Hinsicht gab es daher einen ernsthaften Bedarf. Es braucht einen neuen Gesellschaftsvertrag, der die neuen gesellschaftlichen Gruppen und Gebiete einschließt. Mit diesem Ziel wird diese Arbeit durchgeführt.

Auch ein Entwurf für Syrien insgesamt

Eine weitere Dimension stellt das seit mehr als zehn Jahren andauernde Fehlen einer ernsthaften Lösung der Syrienkrise dar. Wenn all das einbezogen wird, so auch das Leid, das die Menschen erlebt haben, dann kann dies als einen Entwurf für eine andere Verfassung betrachtet werden, der alle Segmente unserer Region und der alle Völker auf beste Weise repräsentiert. Wir können diesen Entwurf auch als einen Vorbereitungstext für die Demokratisierung und die Schaffung einer allgemeinen Verfassung für Syrien sehen.“

Breite Beteiligung der Gesellschaft am Vorbereitungsprozess

Omar berichtet über den Prozess der Erstellung des Entwurfs: „Im Vorbereitungskomitee für den Prozess der Erstellung des Verfassungskomitees befinden sich 158 Personen. Die Selbstverwaltung sowie Vertreterinnen und Vertreter der Räte, der zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien nehmen an der Vorbereitung teil. Es ist ein breites Komitee. Dieses Komitee hat Vordiskussionen geführt. Auf der Grundlage dieser Diskussionen bildeten wir ein kleineres Komitee zur konkreten Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrags. Dieses Komitee wurde beauftragt, einen Entwurf binnen zwei Monaten vorzulegen. Das Entwurfskomitee arbeitete einen Vorschlag aus, welcher nach zwei Monaten dem Gesamtkomitee vorgelegt wurde. Wir diskutierten diesen Entwurf in vier großen Versammlungen elf Tage lang. Vor einer Woche wurde die Diskussion beendet und unsere Versammlung abgeschlossen.

Der fertige Entwurf

Unser aktueller Text besteht aus 93 Artikeln. Jetzt wird die Arbeit wieder über ein kleineres Komitee fortgesetzt. In der nächsten Phase wird dieser Ausschuss Treffen mit breiten Versammlungen in sieben Regionen abhalten und den Text diskutieren. Nachdem dieser gesamte Prozess abgeschlossen ist, wird der Text wieder an das aus den 158 Personen bestehende Gesamtkomitee zurückgehen. Die gesammelten Vorschläge, Perspektiven und Gedanken werden in dem Komitee diskutiert. Unter Einbeziehung der gesammelten Perspektiven wird der Gesellschaftsvertrag seine endgültige Form annehmen.

Ratifizierung des Verfassungsentwurfs

Anschließend geht der Entwurf an den Rat von Nord- und Ostsyrien, wird dort diskutiert und im Falle einer Bestätigung auch ratifiziert. Dann beginnt eine neue Phase. Gemäß dem neuen Gesellschaftsvertrag wird dann eine Wahl stattfinden und die neue Verwaltung gebildet. Das ist das Ziel. Nach der Ratifizierung des Vertrags und vor der Wahl werden neue Wahlgesetze verabschiedet, die Wahlen sollen dann in diesem Rahmen stattfinden.“