Heute ist Welt-Kobanê-Tag. Sorxwîn Mako war 2014 bei der Verteidigung von Kobanê gegen den „Islamischen Staat“ (IS) Frontkommandantin von Kaniya Kurda und hat dort ein Auge verloren. Wie sie damals aus den Bergen von Botan über die Grenze nach Rojava kam und was dann geschah, hat Sorxwîn Mako im ANF-Gespräch erzählt.
Wir waren 2014 in den Bergen Kurdistans. Mit den geringsten Mitteln, nur mit einem Radio, verfolgten wir den Krieg in Kobanê von Moment zu Moment. Als kurdische Kämpferinnen und Kämpfer spürten wir die Gewalt des Krieges zutiefst. Es fand ein grausamer Angriff auf die Bevölkerung statt, auf Frauen, Kinder und ältere Menschen. Sobald die Schwere der Angriffe erkannt wurde, wollten viele revolutionäre Menschen sofort nach Kobanê kommen. Viele kamen aus eigenem Antrieb und verließen einfach ihre Einheiten, andere machten den Vorschlag, nach Kobanê zu gehen. Denn wir sind die Fedai unseres Volkes. Von der Zerstörung eines Volkes durch Massaker zu hören, gab allen revolutionären Menschen das Recht, einzugreifen. Es war eine revolutionäre Aufgabe, nach Kobanê zu gehen. Wir machten uns auf den Weg. Der Feind verhaftete viele von uns auf dem Weg, viele Freundinnen und Freunde wurden verletzt, bevor sie Kobanê erreichten, aber einige schafften es bis nach Kobanê. Als wir die Grenze überquerten, war auch Rûken aus Silopiya dabei. Sie war im Kampf in Kobanê schwer am Unterleib verwundet worden und auf die andere Seite der Grenze gekommen, um sich behandeln zu lassen. Ihre Wunden waren noch nicht verheilt, aber sie wollte unbedingt mit uns zurück über die Grenze kommen. Auch Dilpak aus Amed wurde von Kugeln in Rücken und Kopf getroffen. Auch er kehrte nach Kobanê zurück. Sie waren sehr schwer verwundet, aber sie kamen nach Kobanê zurück. Sie sind mir sehr aufgefallen. Ihre Wunden waren sichtbar, sie mussten behandelt werden, sie mussten sich ausruhen, aber sie kamen zurück, um zu kämpfen. Das stärkte unsere Moral noch mehr, es wurde zu einer Quelle der Moral. Erdoğans Satz ,Kobanê ist gefallen, es wird fallen' löste bei allen revolutionären Menschen Wut aus.
Über die türkisch-syrische Grenze nach Kobanê
Wir überquerten die Grenze nach Kobanê. Ich werde nie vergessen, wie mich ein Vater an der Grenze ansprang und sagte: ,Geh nicht, du wirst sterben! Alle verlassen Kobanê!' Meine Antwort an den Vater war: ,Wozu leben, wenn unser Land weg ist?' Der Vater blieb stumm. Als wir den Grenzzaun erreichten, griffen türkische Soldaten mit etwa 30 Panzern an. Wir waren sehr viele. Nicht nur revolutionäre Menschen überquerten die Grenze, sondern auch das Volk. Bis wir Kobanê erreichten, wurden 28 von uns durch Kugeln, Gasbomben und Stöcke verletzt. Etwa 300 Menschen erreichten Kobanê. Wir zahlten einen hohen Preis an der Grenze, trotzdem kamen wir mit einem großen Anspruch nach Kobanê. Als wir ankamen, bot sich uns das Bild eines Kampfes um Sein oder Nichtsein. Wir erreichten die Stadt um drei Uhr morgens. In Kobanê waren nur Staub, Rauch und Feuer zu sehen. Wir trafen auf brennende und explodierende Autos und zerstörte Häuser, uns empfingen Häuser, deren Feuer noch nicht gelöscht war. Kobanê stand in Flammen. Es gab keinen Ort, an dem der Klang von Kugeln nicht zu hören war. Haubitzen, Mörser und Panzer waren ununterbrochen zu hören. Nachdem wir das Mürşit-Pınar-Tor passiert hatten, gingen wir zu einem Haus und wurden von den Inferno-Kanonen der IS beschossen. Mehr als die Hälfte der Freundinnen und Freunde schnappte sich die Waffen, die ihnen gegeben wurden, und ging in Stellung. Ich bin zum Hauptquartier gegangen und habe Bericht erstattet über die neu angekommene Gruppe. Im Hauptquartier habe ich die Dimension des Krieges begriffen.
Ich ging an die Front von Kaniya Kurda
Ich ging an die Front von Kaniya Kurda, und Heval Gelhat war dort. Das erste, was mir sowohl die Freundinnen im Hauptquartier als auch Heval Gelhat sagten, war: ,Versuche, nicht in den ersten drei Tagen zu fallen. Nach drei Tagen wirst du die Methode des Krieges verstehen.'
Als ich Kaniya Kurda erreichte, erhielt ich Nachrichten über Gefallene und Verwundete. Es waren Menschen, die mit mir nach Kobanê gekommen waren und zu meiner Gruppe gehörten. Einer von ihnen war Heval Mîran aus Şirnex. Ein weiterer Freund wurde verwundet. Wir waren am Abend angekommen, und am Morgen war einer von ihnen gefallen und der andere verwundet. Diese Situation schürte mein Gefühl der Rache und des Sieges.
Danach machten wir im Stehen einen hastigen Schlachtplan. Vor uns befand sich ein Viertel, das wir unbedingt einnehmen mussten. Und wenn ich Viertel sage, es war nur zwei Gebäude entfernt. Zwei Häuser weiter zu kommen, bedeutete, der Befreiung von Kobanê einen Schritt näher zu kommen. Der Sieg von Kobanê war in zwei Häusern eingeschlossen. Wir begannen am Abend und räumten beide Häuser bis zum Morgen. Wir hatten ein paar Verwundete. Unsere Kriegstaktik war gut, aber unsere Munition reichte nicht aus. Es war kein Krieg mit schweren Waffen oder ein Kampf, der mit verschiedenen Taktiken geführt wurde. Es war ein Kampf von Brust zu Brust. Wir kämpften mit Handgranaten und Qilêş [Kalaschnikow]. Unsere Handgranaten und Munition reichten nicht aus. Aus diesem Grund hatten wir Verwundete. Es war ein gigantischer Krieg, der mit kleinen Mitteln geführt wurde. Es gibt in der Geschichte kaum eine Truppe oder eine Revolutionärin, die mit einer Bombe oder einem Qilêş gegen einen Panzer gekämpft hat. Man hat noch nie gesehen, dass man mit zwei Bomben unter den Panzer greift, sie explodieren lässt und den Panzer aufhält. Kobanê wurde mit diesem Geist bekämpft. Mit einem Willen aus Stahl stellten sie sich gegen die IS-Banden und kämpften.
Nachdem wir zwei Häuser eingenommen hatten, rückten wir jeden Tag weiter vor. Unsere Taktiken und Methoden wurden immer besser. Gebirgs- und Städtekriege unterscheiden sich stark voneinander. Wir waren jeden Tag auf der Suche nach neuen Taktiken. Unsere Erfahrungen mit der städtischen Kriegsführung entwickelten sich während des Kobanê-Krieges. Ansonsten hatten wir noch nie an einem Krieg in der Stadt teilgenommen. Wir mussten von einem Moment zum anderen neue Methoden der Kriegsführung entwickeln. Vorhänge, Spiegel, das Öffnen von Löchern in den Wänden waren Stile, die sich sofort entwickelten. Pioniere, wertvolle, schöne Menschen sind gefallen oder erlitten schwerwiegende Verletzungen. Alles entwickelte sich mit ihrem Einsatz.
Sie schlachteten Kinder, Frauen und alte Menschen ab
Es war ein Zusammenprall zweier Ideologien. Die eine war eine Ideologie der Ausrottung, der Verleugnung und des Massakers gegen die Werte des Volkes, und die andere war die apoistische Ideologie der Menschen, die alles, was sie hatten, für ihr Volk opferten. Es war die Ideologie derer, die ihr Leben opferten, um eine Frau und ein Kind zu retten. Die gegnerische Kraft hat geplündert, gebrandschatzt, vergewaltigt und massakriert. Sie haben Menschen bei lebendigem Leib verbrannt. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie Menschen mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannten. Als sie merkten, dass sie zurückgeschlagen werden, haben sie diese Methoden noch verstärkt. Mit dem Einzug unserer Gruppe aus Aleppo in den Krieg wurden die Stellungen in Kobanê wie eine Festung. Der IS war gebrochen, sie kämpften verzweifelt. Als die Grundlagen der Freiheit gelegt waren, war der Feind gebrochen. In Kaniya Kurda gab es einen Basar. Wir hatten dort sieben oder acht Stellungen. Sie verbrannten eine Person in diesem Basar. Sie haben psychologische Kriegsführung betrieben. Diese Geräusche habe ich noch im Ohr. Aber in diesem Moment mussten die Einheiten moralisch gestärkt werden. Schließlich waren wir Menschen, und wir hatten Gefühle. Die Verbrennung eines Menschen vor unseren Augen berührte uns unweigerlich. Eine Person wartete darauf, dass wir ihr zu Hilfe kamen, und schrie aus Leibeskräften. In diesem Moment rief ich über Funk allen Einsatzkräften zu, denn sie hatten das Bild durch das Fernglas gesehen. ,Haltet eure Moral hoch, der IS wird besiegt. Wenn er nicht erschöpft wäre, würde er keine psychologische Kriegsführung einsetzen. Zieht eure Positionen zusammen, wir werden am Abend einen neuen Vorstoß machen', sagte ich. Das war ein notwendiger Moralschub, und wir führten dann erfolgreiche Aktionen durch. Sie wendeten diese brutalen Taktiken oft an. Ich bin ein Augenzeugin dieser Praktiken. Die Methode, die sie am häufigsten einsetzten, war die psychologische Kriegsführung.
Die Sonne war gerade dabei aufzugehen. Ein Ruf kam über das Funkgerät und mir wurde gesagt, ich solle mich umsehen. Dort waren drei gelbe, rote und grüne Stühle und drei abgeschlagene Köpfe. Wir dachten, welche von uns seien gefangen genommen worden, aber das waren sie nicht. Durch die Funkverbindung, die wir herstellten, wurde uns klar, dass die drei abgeschlagenen Köpfe zu Menschen aus der Bevölkerung gehörten. Die Botschaft sollte lauten: ,Wir werden auch eure Köpfe abschlagen.' Uns wurde klar, dass der IS vor der Niederlage steht.
Ich bin bis ins Erwachsenenalter in einem islamischen Umfeld aufgewachsen. Der Islam bedeutete Kultur und Moral, so haben wir es gelernt. Ich werde es nie vergessen: Einem drei Monate alten Baby wurde ein Stock durch den Anus geführt und aus dem Mund genommen. Als wir am Morgen die Augen öffneten, sahen wir die Augen eines Babys, dessen winzige Hände an einem Stock hingen. Im Islam sind Säuglinge Engel. Dem Islam zufolge kann ein Baby niemals ein Kriegsinstrument sein. Aber das geschah in Kobanê. Das Islamverständnis des IS war ein Verständnis, das Engel abschlachtete. So sehr uns jede erlebte Gräueltat beeinflusste, wir wandelten sie letztendlich in Kraft für den Sieg von Kobanê um.
Tod oder Freiheit
Ich glaube nicht, dass es die Stärke und Moral, die wir in Kaniya Kurda hatten, irgendwo sonst auf der Welt gab. Jeden Tag gab es Verwundete und Gefallene, jeden Tag sammelten wir die verstümmelten Körper unserer gefallenen Freundinnen und Freunde ein. Die Rufe nach Rache waren nie vergebens. In Kaniya Kurda bestand unsere Truppe zu 80 Prozent aus Frauen. Auch die Kommandantinnen waren Frauen. Wir hatten ein vierstöckiges Gebäude. Es war eine Stellung. Wir hörten die Gespräche der IS-Banden über Funk mit. Sie waren psychisch zusammengebrochen. Selbst wenn wir sie nicht beschossen, sagten sie ihren Emirs, dass sie unter starkem Beschuss stünden und vor lauter Kugeln nicht einmal den Kopf heben konnten. Sie litten unter Erschöpfung. Gut, wir feuerten Kugeln ab, aber nicht wie Hagel. Es war ein psychischer Zusammenbruch.
Der Widerstand der Kämpferinnen im Kobanê-Krieg hat Spuren in der Geschichte hinterlassen. Sie würden entweder die Stellung einnehmen oder in dieser Stellung sterben. Das war der Slogan aller gefallenen Freundinnen: Entweder wir nehmen sie ein oder wir sterben! Es gab kein Verlassen der Stellung. Wir hatten die junge Nefel, die sagte: Entweder der Tod oder die Befreiung von Kobanê, entweder der Tod oder die Freiheit.
Xwînda aus dem Dorf Korikê, ein Symbol der Jugend von Rojava, war an den Füßen verwundet. Sie hatte ihre Wunden an ihrem Platz mit ihren eigenen Mitteln verbunden und rief: Entweder Tod oder die Freiheit von Kobanê! Es waren Menschen, die auf die Freiheit fixiert waren. Man kann die Namen von Hunderten solcher junger Menschen aufzählen; Hunderte von ihnen können wie der kleine Çekdar, wie Egîd, aufgezählt werden. Sie haben mit ihren kleinen Körpern, aber großen Herzen ein Heldenepos geschrieben. Sie waren jung, vielleicht nicht einmal alt genug, um zu kämpfen, aber sie wollten ihr Land nicht verlassen. Sie stammten aus Kobanê; sie hörten nicht auf, bis Kobanê befreit war.
Çekdar war sehr klein, aber sein Herz war stark. Als der IS näher kam, war Çekdar der erste, der über Funk Kraft und Moral spendete: ,Habt keine Angst, wir werden gewinnen, egal wie viele es sind", sagte er. Çekdar war auf den Sieg fixiert. Seine Worte waren Geschichte, Philosophie. Heval Egîd lief auf die Stellung zu und sagte: ,Die Stellung zu verlassen, ist ein großer Verrat an unserem Volk, an den Familien der Gefallenen. Es gibt keinen Weg zurück.' Er zog den Stift seiner Handgranate und ließ sie an sich selbst detonieren. Es war ein Epos des Heldentums.
Menschen aus allen Teilen Kurdistans kamen nach Kobanê
Kobanê war ein Blutbad, aber es hat auch die Krone des Sieges gewonnen. Wir haben Hunderte von jungen und alten Menschen verloren. Wenn ich die Namen der Väter aufzählen würde, die neben mir gefallen sind, wäre es endlos. Es waren Väter, die Kinder hatten, und sie wichen keine Sekunde von unserer Seite. Dutzende von Vätern, Müttern und älteren Menschen, die Kugeln in Magazine luden, Qilêş reinigten, Wasser verteilten und Wache hielten. Sie sagten: Dienen ist Würde und Ehre.
Menschen aus allen Teilen Kurdistans kamen nach Kobanê. Sie haben Grenzen und Zäune überschritten, kamen aus Amed, Mêrdîn, Dersim... von überall her. Frauen, Männer, alte Menschen, Mütter, Väter... Niemand von ihnen hatte jemals eine Kugel abgefeuert. Dieser Zustrom war dazu da, alles zu tun, was sie konnten. Wir sagten: ,Wir sind im Krieg, auf diesem Weg gibt es Gefallene, wir müssen eure Namen aufnehmen.' Ein Vater sagte: ,Meine Tochter, lass uns unter den namenlosen Gefallenen sein.' Sie wollten keine Zeit damit verlieren.
Der Kampf am Miştenûr
Wir hatten den Außenbereich des Miştenûr-Hügels erreicht. Alle Freundinnen und Freunde wickelten sich Fahnen der YPG oder YPJ um die Hüfte. Wer den Miştenûr-Hügel erreichte, sollte die Fahne schwenken. Alle waren fest entschlossen. Aber selbst wenn wir Miştenûr befreien würden, hätten wir nicht einmal genug Leute, um den Hügel zu sichern. Denn es war an der Zeit, die Dörfer von den IS-Banden zu befreien.
Wir warteten auf die Ankunft von zwei Bataillonen aus der Region Cizîrê und hatten bereits mit den Vorbereitungen begonnen, noch bevor sie eintrafen. Es wurde Abend, die Gruppe von Heval Masîro traf ein und die Vorbereitungen waren abgeschlossen. Wir waren in vier Gruppen eingeteilt. Es gab einen Raketenangriff auf das Gebiet, in dem wir uns befanden, vom oberen Gebäude mir gegenüber, und die Rakete schlug direkt neben dem Garten unseres Hauses ein. Mit der Explosion der Rakete wurde das Gebiet mit Staub und Rauch bedeckt. Zu diesem Zeitpunkt konzentrierte ich mich auf meinen Freund Dijwar, der am Kopf verwundet war. Ich suchte nach ihm, konnte ihn aber nicht finden, sondern sah nur sein Gewehr. Später wurde mir klar, dass Dijwar hinter die Mauer gegangen war, aber seine Füße waren auf dieser Seite. Als ich Dijwar in diesem Zustand sah, fing ich an zu lachen. Ich fragte: ,Du konntest dich nicht bewegen, wie bist du hierher gekommen?' Dijwar sagte: ,Wirklich, wie bin ich hierher gekommen?', und wir fingen an, gemeinsam zu lachen.
Wir hatten nur ein Motorrad im Kampfgebiet. Dieses Motorrad wurde für den Transport der Gefallenen und Verwundeten benutzt. Um sechs Uhr morgens rief ich Mahmud Kobanê an, um die Märtyrer und Verwundeten abzuholen. Ich hatte eine schwere Wunde an der Schulter. Ich war schon früher verwundet worden, aber eine so schwere Verletzung hatte ich noch nie erlebt. In diesem Zustand blieb ich von sechs Uhr morgens bis sieben Uhr abends in der Stellung. Wir versuchten, uns mit unseren eigenen Mitteln zu versorgen. Stellen Sie sich vor, am Abend nähte einerseits der Arzt meine Wunde, andererseits koordinierten wir die Front über Funk. Die anderen baten mich, mich ein paar Tage auszuruhen, aber ich zog meine Weste an und kehrte an die Front zurück.
Die Befreiung von Kobanê
Zwölf Selbstmordattentate des IS scheiterten, dann kam es zu heftigen Gefechten. Während wir eine schnelle Planung machten, wurden Höllenkanonen, Mörser und Haubitzen abgefeuert. Es gab eine große Explosion in Kobanê und eine Granate explodierte direkt vor unseren Augen. Als ich wieder zu mir kam, lag mein Kopf auf der Brust von jemandem. Ich hörte jemanden weinen und konnte meine Augen nicht öffnen. Es war Hamza, der mit der Gruppe aus Aleppo gekommen war, er ist später gefallen. Als ich wieder aufwachte, war ich in einem Krankenhaus in Bakur. Ich wollte meine Augen öffnen, aber sie waren verbunden. Ich wollte Licht sehen. Zu viel Licht könnte schaden, also öffneten sie den Verband ein wenig. Ein paar Tage später wurde ich aus der Intensivstation entlassen. Meine beiden Füße und meine beiden Hände waren eingegipst. Der Fernseher war an. Die erste Nachricht, die ich hörte, war der Tod von Hebûn Kobanê, dann hörte ich die Nachricht, dass Viyan Peyman gefallen ist, und schließlich hörte ich, dass Kobanê befreit worden war. Ich schrie wie eine Verrückte. Dann dachte ich an die gefallenen Freundinnen und Freunde und sagte: ,Kobanê ist befreit worden!' Ich war nicht ich selbst, ich weinte.
Ich verfolgte die Entwicklungen im Fernsehen und hatte nur noch den Wunsch, nach Kobanê zu fahren. Nach einer Weile kehrte ich zurück, mein erster Halt war ein YPG-Punkt. Er war voll mit Freundinnen in YPJ-Uniformen, es waren so viele! Es gab jetzt Leben in Kobanê. Am Morgen ging ich nach Kaniya Kurda, und als ich die Front von Kaniya Kurda erreichte, hallten die Stimmen der Freundinnen und Freunde wie ein Film in meinen Ohren wider. Die Erlebnisse wurden in meinen Augen lebendig, eines nach dem anderen. In den zerstörten Gebäuden hallten das Lächeln der Gefallenen und ihre Widerstandsschreie wider. Es war wie im Traum: Die Gefallenen riefen ,Heval Sorxwîn!' und kamen auf mich zu. Für einen Moment wurden meine Knie schwach und ich kauerte mich auf den Boden. Meine erste Rückkehr nach Kaniya Kurda fand in einer emotionalen Atmosphäre statt. Ich konnte nicht lange dort bleiben, ich bin sofort abgereist, aber wenn wir heute noch Widerstand leisten, kämpfen, Moral zeigen und eine starke Haltung einnehmen, dann verdanken wir das den Gefallenen, die in Kaniya Kurda ihr Leben gelassen haben.
Und so wurde der Welt-Kobanê-Tag ausgerufen
Die Brutalität des IS wurde von den YPJ und YPG in Kobanê besiegt. Kurdistan, die Türkei und Europa haben sich am Widerstand in Kobanê beteiligt. Der nationale Geist in Kobanê hat seine Spuren in der Geschichte hinterlassen. Der IS wurde besiegt. Die Völker der Welt haben dieses Heldentum gesehen. Der 1. November wurde zum Welt-Kobanê-Tag erklärt. Einer derjenigen, der zum Sieg über den IS beigetragen hat, war Heval Rêvan aus Kobanê. Er hatte sich erst sechs Monate zuvor angeschlossen und sich in einem schwierigen Prozess ausgebildet. Heval Rêvan führte, nachdem er seine verwundeten Kameraden gerettet hatte, eine Opferaktion im Hauptquartier des IS durch. Es waren Menschen wie Arîn Mîrkan, Rûken Rojhilat, Egîd, Şoreş, Zozan Kobanê, die Kobanê erleuchteten. Sie vertrieben die dunklen Wolken. Diese Menschen vertrieben die Brutalität und die Angst, indem sie ihren eigenen Körper opferten. Die ganze Welt konnte es sehen, und so wurde der Welt-Kobanê-Tag ausgerufen.