Rimelan: Konferenz zur türkischen Invasion

An einem Forum „Ethnische Säuberungen und demografischer Wandel in Nord- und Ostsyrien“ nahmen in Rimelan 115 delegierte Politiker*innen, Menschenrechtler*innen, Repräsentant*innen des Gerechtigkeitsrates, der Autonomieverwaltung und des MSD teil.

In Rimelan im nordsyrischen Kanton Qamişlo hat am Mittwoch ein Forum gegen die Invasion der Türkei und ihrer dschihadistischen Proxy-Armee „SNA“ (Syrische Nationalarmee) in Rojava stattgefunden. 115 delegierte Politiker*innen, Menschenrechtler*innen, Repräsentant*innen des Gerechtigkeitsrates, der Autonomieverwaltung und des Demokratischen Syrienrats (MSD) beleuchteten auf dem vom Zentrum für strategische Studien Rojava (NRLS) ausgerichteten Forum unter dem Titel „Ethnische Säuberungen und demografischer Wandel in Nord- und Ostsyrien“ in drei Sitzungen den anhaltenden Angriffskrieg gegen Rojava, die seit Beginn der Invasion am 9. Oktober 2019 durch die Aggressoren verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Versuche des türkischen Staates, die kurdische Besiedlung in Nord- und Ostsyrien aufzubrechen, die völkerrechtliche Dimension des Angriffs und Maßnahmen dagegen, Mechanismen für eine juristische Aufarbeitung der Verbrechen des Nato-Partners und seiner Verbündeten und den Wiederaufbau des Naturschutzes nach Kriegsende.

Das im Kunst- und Kulturzentrum Aram Tigran veranstaltete Forum begann mit einer Eröffnungsrede von Foza Yusif. Die kurdische Politikerin, die Mitglied im Exekutivrat der Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (Tevgera Civaka Demokratîk, TEV-DEM) ist, verschaffte zunächst einen Überblick zur aktuellen Situation in Nord- und Ostsyrien. Anschließend lenkte sie die Aufmerksamkeit der Delegierten auf die Mittäterschaft Russlands und der USA bei der Invasion und Besatzung der nordsyrischen Städte Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tell Abyad) und sprach von den neoosmanischen Plänen Ankaras, mit der Einrichtung einer 30 bis 40 Kilometer tiefen „Sicherheitszone“ nahezu sämtliche Hauptorte des kurdischen Siedlungsgebietes in Syrien zu annektieren.

Anschließend ging es um die Politik der „ethnischen Säuberungen“ und Vertreibungen in der Region. Auf dem Podium des Panels befanden sich neben der Moderatorin Dr. Zozan Ibrahim, ehemalige Ko-Vorsitzende des Komitees für gesellschaftliche Aufgaben im Kanton Cizîrê und Juristin, auch die Ko-Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation des Kantons Cizîrê, Evîn Cuma, der stellvertretende Vorsitzende des Regionalrats von Efrîn, Israfil Mustefa, und der stellvertretende Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der Selbstverwaltung, Hamdan Hassan al-Abd.

Evîn Cuma trug einen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen des türkischen Staates in Nordsyrien vor. Dem Bericht zufolge wurden in Efrîn 1.213 Zivilist*innen, 53 davon durch Folter, umgebracht. In Serêkaniyê wurden bisher 271 Zivilist*innen, 19 davon an der Grenze durch Schüsse türkischer Soldaten, getötet.

Israfil Mustefa knüpfte daran an und berichtet über die „ethnischen Säuberungen“ und Vertreibungen in Efrîn. Insbesondere wies er auf die vielen extralegalen Hinrichtungen, die Entführungen, Vertreibungen, Erpressungen sowie Folterfälle hin und klagte die Zerstörung von Schulen, Gebetsorten und historischen Stätten an. Er berichtete, dass sich die Frauen in Efrîn unter Zwang verschleiern müssen und nur noch in männlicher Begleitung auf die Straße gehen dürfen. In der Stadt wurden demnach fünfzig Frauen getötet, 210 Frauen verletzt, 60 Frauen vergewaltigt, drei dieser Frauen haben sich aufgrund ihrer Gewalterfahrung das Leben genommen. Mustefa forderte den UN-Sicherheitsrat auf, sich für den Abzug der türkischen Truppen aus Efrîn und für die Rückkehr der Menschen in die Region einzusetzen.

Der stellvertretende Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der Selbstverwaltung, Hamdan Hassen al-Abd, berichtete über „ethnische Säuberungen“ und Vertreibungen in Girê Spî. Er sprach von mindestens sieben Bombenanschlägen, die von den Besatzungstruppen verübt worden seien. Diese Anschläge zielten darauf ab, die Menschen aus der Region zu vertreiben. Weiterhin klagte al-Abd die Lösegelderpressungen, Folter, Entführungen und Plünderungen durch die Besatzungstruppen an.

SNA muss auf die Terrorliste

Leyla Siwar vom Vorbereitungskomitee trug im Anschluss eine Abschlusserklärung vor. In der Erklärung wurde gefordert, dass sich Menschenrechtsorganisationen und internationale Gerichtshöfe der Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in der Region annehmen und für eine Bestrafung der Täter sorgen. Weiterhin müsse Druck auf die Türkei ausgeübt werden, dass sie ihre Politik der „ethnischen Säuberungen“ und des demografischen Austauschs in der Region sowie die Angriffe auf die Region beendet, sich zurückzieht und eine sichere Rückkehr der Bevölkerung der Region garantiert. Die SNA-Milizen müssten angesichts ihrer Zusammensetzung aus al-Qaida und IS-Kadern sowie aufgrund ihrer Verbrechen auf die internationale Terrorliste gesetzt werden. Außerdem muss die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien anerkannt und in alle Gespräche mit einbezogen werden. Das Forum griff außerdem die Forderung der Autonomieverwaltung nach Errichtung eines internationalen Gerichtshofs für dschihadistische Verbrecher in Nordsyrien auf und forderte auch die Aburteilung der SNA-Dschihadisten vor diesem Gericht. Weiterhin appellierte das Forum an die Bevölkerung, sich gemeinsam mit den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) und der Autonomieverwaltung gegen die Invasion zu stellen.