Professor Fansa: 3.000 Jahre alter Iştar-Tempel vernichtet

Der Archäologieprofessor Dr. Mamoun Fansa erklärte, dass bei Luftangriffen der türkischen Armee ein 3.000 Jahre alter hethitischer Iştar-Tempel dem Erdboden gleichgemacht worden sei.

Prof. Dr. Fansa, ein Kenner der Region Efrîn, erklärt in einem Interview gegenüber ANF, dass der Iştar-Tempel von Ayn Dara bewusst als Ziel ausgewählt worden sei.

Ayn Dara liegt etwa 14 Kilometer von Efrîn und 65 Kilometer von Aleppo entfernt. Die Bedeutung der Region stieg sprunghaft, als 1955 die ersten archäologischen Funde dort gemacht wurden. Zunächst tauchten monumentale Basaltlöwenstatuen, danach ein 20 mal 30 Meter großes Tempelareal auf. Die Bauten datieren zum Großteil auf das 1.300–1.200 v.u.Z. Der Tempel wurde demzufolge unter hethitischer Herrschaft für die Göttin der Fruchtbarkeit und des Krieges Iştar erbaut. Wie auch in Assyrien und Babylonien galt Iştar bei den Hethitern als eine der höchsten Gottheiten.

Mit dem Tempel wurde nun wiederum ein bedeutendes historisches Monument Mesopotamiens dem Erdboden gleichgemacht. Vergangene Woche hatten türkische Kampfflugzeuge den Tempel durch Bombardierungen zerstört – eine Praxis, die von Gruppen wie dem Islamischen Staat (IS) oder den Taliban bekannt ist.

Die UNESCO blieb bei einer allgemeinen Verurteilung

Die UNESCO blieb bei einer allgemeinen Verurteilung, ohne die Verantwortlichkeit des türkischen Staates zu benennen. Der deutsche Archäologe und Kenner der Region Prof. Dr. Mamoun Fansa hob die Bedeutung des Altars von Ayn Dara hervor. Der ehemalige Direktor des Museums von Oldenburg erklärte: „Ayn Dara ist einer der seltenen, erhaltenen Orte der sich von Aleppo bis in innere Anatolien erstreckenden hethitischen Kultur gewesen. Allerdings sieht man jetzt auf den Bildern, dass etwa 70 Prozent des Tempels zerstört sind … Es sieht so aus, also ob nachdem der IS und das Assad-Regime historische Orte ins Visier genommen hat, dies nun auch der türkische Staat tut.“

Es werden Verbrechen gegen die Menschheit und die Geschichte begangen

Fansa erklärt, dass der Tempel in der späten Hethiterzeit errichtet worden sei und Heim von vielen Kulturen, Byzanz inklusive, gewesen sei. Er meint, dass dieses Ziel nicht zufällig zu Beginn des Angriffs auf Efrîn ausgewählt worden sein könne. Da die kurdischen Kämpfer über keine Flugzeuge verfügen und es unwahrscheinlich sei, dass sie auf sich selbst schießen, bleibe als einziger Verantwortlicher für dieses Verbrechen an der Kultur der türkische Staat. Die Bilder belegten, dass der Angriff aus der Luft erfolgt sein müsse. Die Tempelanlagen, und insbesondere die Statuen, seien sehr groß gewesen und daher auch aus der Luft gut sichtbar. Deshalb glaube er, der Angriff sei bewusst durchgeführt worden. Zuvor habe auch das Assad-Regime historische Orte, an denen sich Aufständische befunden haben sollen bombardiert. Dass allerdings ein Land, dass sich darauf vorbereite der EU beizutreten und Verhandlungspartner des Westens sei, einen solchen Angriff durchführen könne, habe ihn erschüttert. Ayn Dara sei nicht nur das Erbe der Völker die in Syrien leben, sondern ebenso der ganzen Menschheit. Ein Erbe, das es geschafft hat 3.000 Jahre zu überleben, sei nun zum Opfer der Besatzungsambitionen eines Staates geworden. Deshalb dürfe die Welt zu dieser kulturellen Zerstörung nicht schweigen.