Kampfdrohnen über Efrîn und Şehba

Im Nordwesten von Syrien kreisen Aufklärungs- und Kampfdrohnen türkischer Herkunft. Die Flüge konzentrieren sich auf die vom Erdbeben betroffenen Regionen Efrîn und Şehba.

Über Efrîn und Şehba im Nordwesten von Syrien kreisen Aufklärungs- und Kampfdrohnen des NATO-Mitglieds Türkei. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA) berichtet, konzentrieren sich die Luftaktivitäten auf den Kreis Şera im türkisch-dschihadistisch besetzten Efrîn sowie die weiter südöstlich gelegene Stadt Tel Rifat im benachbarten Kanton Şehba. Beide Regionen befinden sich im syrischen Erdbebengebiet. Die Bevölkerung ist besorgt.

Im türkischen Drohnenkrieg gegen Kurdistan kam es in den vergangenen Tagen auch trotz Erdbebenkatastrophe zu völkerrechtswidrigen Luftangriffen und Artillerieeinschlägen. Vor allem die Stadt Tel Rifat, die neben zehntausenden Vertriebenen aus Efrîn auch Opfer des Erdbebens versorgt, ist von der Kriegsaggression der Türkei betroffen. Erst am Donnerstag war dort ein 70-Jähriger bei einem türkischen Drohnenangriff getötet worden. Der arabische Mann aus Aleppo hatte das Erdbeben überlebt und war erst wenige Tage zuvor von der Selbstverwaltung nach Şehba evakuiert worden. Bei dem Angriff, der sich in der Nähe eines Marktplatzes ereignet hatte, wurde auch ein 50 Jahre alter Mann verletzt. Er erlitt eine schwere Verletzung am Auge.

Gerade einmal 24 Stunden nach der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet hatte es bereits Luft- und Bodenangriffe auf Tel Rifat gegeben. Ungeachtet der katastrophalen Lage griff die Türkei auch den Kanton Kobanê an. Dort wurde vergangenen Sonntag ein Mitglied des Diplomatie-Komitees der Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) bei einem gezielten Drohnenschlag des türkischen Staates ermordet. Auch die Stadt Ain Issa wurde in den vergangenen Tagen wieder mehrfach angegriffen. Proteste der internationalen Gemeinschaft lassen bis heute auf sich warten.

Volksrat kritisiert Scheinheiligkeit internationaler Organisationen

Der Volksrat von Tel Rifat sieht im Schweigen zu den Angriffen auf Erdbebengebiete einen Unwillen der internationalen Diplomatie zu einer Konfliktlösung und „menschenwürdigen Welt“. Es sei frustrierend, dass Organisationen wie die Vereinten Nationen (UN) es nicht fertigbrächten, die Türkei, die selbst in einer Erdbeben-Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes ihren Krieg gegen die nordostsyrische Autonomieverwaltung nicht unterbricht, zu „etwas Menschlichkeit“ zu bewegen. Das sagte Mihemed Henan, Ko-Vorsitzender des Volksrats von Tel Rifat, am Freitag in einer öffentlich abgegebenen Presseerklärung.


Frieden und Demokratie lassen sich nicht herbeibomben

„Diese Situation verdeutlicht die Akzeptanz und Normalisierung des Krieges der Türkei als Mittel ihrer faschistisch und genozidär motivierten Politik. Wir verurteilen diese Angriffe inmitten einer humanitären Katastrophe“, so Henan. Frieden und Demokratie ließen sich nicht herbeibomben, im Gegenteil. „Kriege hinterlassen unzählige Tote, Verwundete und Flüchtlinge sowie die Zerstörung von Umwelt und Infrastruktur. Wir fordern humanitäre Einrichtungen und zivilrechtliche Organisationen auf, sich mit ihrer Scheinheiligkeit auseinanderzusetzen, um die Glaubwürdigkeit ihrer Institution nicht weiter erodieren zu lassen, wenn sie schon nicht aktiv gegen das Unrecht an unserem Volk werden.“