Die Bevölkerung von Rojava kämpft seit 2013 gegen die Gräuel des IS. Der Politiker und Analyst Dozdar Hemo sprach mit unserer Nachrichtenagentur über die militärische Niederlage des IS in Syrien, das Bestehen des türkischen Staates auf einer „Sicherheitszone“ und die Rolle der Kurd*innen in Syrien.
Zur militärischen Niederlage des IS erklärt Hemo: „2014 wurde der Name des IS weltbekannt, als Name einer grausamen, terroristische Gruppe. Sie verübten das Massaker von Şengal. Es entstand aber eine Kraft, welche den IS schonungslos stoppte. Sie sagten, wir werden unsere Geschichte, unsere Kultur und unsere Werte verteidigen. Das waren kurdische Kämpfer*innen. Sie verteidigten die Menschheit, die Ezid*innen, die Kultur des Mittleren Ostens und die eigene Bevölkerung.
Vor diesem Widerstand hatten 300 IS-Dschihadisten binnen 24 Stunden 4.000 irakische Soldaten aus Mosul vertrieben. Wie sollten da bloß die Kurd*innen gegenüber dem IS bestehen? Aber Tatsache ist, dass zunächst zwölf Kämpfer*innen der HPG, YPG und YPJ in Şengal den Vormarsch des IS-Terrors stoppen konnten.
Die Welt wurde Zeugin des Widerstands der Kurd*innen gegen den IS. Die kurdischen Kämpfer*innen waren in diesem Rahmen beispielhaft. Das konkretisierte sich in Kobanê. Von 2015 an bis heute konnten immer neue Siege gegen den IS errungen werden. Später wurden auch Städte wie Minbic, Tabqa und Raqqa vom IS befreit.
Der neue Kampf richtet sich gegen die verdeckten Zellen und die Mentalität des IS
Die kurdischen Kämpfer*innen führten seit 2013 einen großen Krieg gegen den IS. Jetzt beobachten alle das Ende dieser Organisation. Militärisch wurde der IS in Syrien besiegt. Aber wir können mit Sicherheit nicht sagen, dass der IS in Gänze besiegt worden ist. Denn er ist in irakischen Städten wie Kerkûk und Diyala weiter aktiv. Er existiert noch in den Wüsten in der Sinai-Halbinsel und in Libyen.
Es steht aber auch eine bestimmte Art des Denkens hinter dem IS. Es gab Menschen, die hinter ihm standen und sie glauben immer noch an den IS. Die kurdischen Kämpfer*innen werden nun gemeinsam mit den Völkern Syriens einen neuen Kampf führen. Dieser Kampf richtet sich sowohl gegen die IS-Zellen, als auch gegen die hinter dem IS stehende Mentalität.“
Die Einrichtung einer Sicherheitszone zielt auf Besatzung der Region ab
Zur Diskussion um eine „Sicherheitszone“ sagt Hemo: „Zunächst einmal muss man feststellen, dass schon die Begriffe Pufferzone und Sicherheitszone falsch sind. Um wessen Sicherheit geht es, wer will Sicherheit? Nordsyrien und Rojava sind ohnehin sicher. Im Moment leben tausende Syrer*innen in der Region. Die kurdische, arabische, tschetschenische und turkmenische Bevölkerung lebt zusammen. Unter dem Schlagwort der ‚Sicherheitszone‘ gibt es einen neuen Versuch der Besatzung. Sie haben Efrîn vor den Augen der Welt mit Panzern und Artillerie besetzt.
Seit Jahren ist diese Region sicher, aber sie wollen das Gebiet besetzen. Hier gibt ist ein neues System entstanden, eine politische und ökonomische Selbstverwaltung. Es gibt eigene Verteidigungskräfte. Die Menschen leben hier im System der demokratisch-autonomen Selbstverwaltung in Frieden. Es gibt keinerlei Probleme. Der türkische Staat will die Region aber unter dem Schlagwort der ‚Sicherheitszone‘ besetzen.“