Hozat: Die Türkei wird den Vernichtungskrieg ausbauen

Besê Hozat hält eine Ausweitung des türkischen Vernichtungskriegs auf ganz Nord- und Ostsyrien für wahrscheinlich. „Die Menschen müssen sich für einen revolutionären Volkskrieg rüsten“, sagte die KCK-Exekutivratsvorsitzende.

Dschihadisten als türkische Söldner in Syrien

Besê Hozat hat sich als Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) in einem bei Medya Haber TV ausgestrahlten Interview zu aktuellen Themen geäußert. Auf eine Frage zum Hintergrund der dschihadistischen Invasion in Syrien antwortete Besê Hozat:

Es herrscht ein großer Krieg, und Syrien ist wahrhaftig zum Zentrum des Dritten Weltkriegs im Nahen Osten geworden. Es begann mit der Besetzung von Aleppo und hat sich weiter ausgebreitet. Die Banden sind dabei, Hama einzunehmen, und haben angekündigt, weiter nach Homs und Damaskus vorzurücken. Sie sind nicht nur dort, sondern auch im Nordosten Syriens. Der türkische Staat führt derzeit einen Plan aus, der auf einem Angriff auf Nord- und Ostsyrien basiert. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die Türkei seit 2011 Hauptakteurin in diesem Krieg in Syrien ist. Sie spielte eine sehr entscheidende Rolle beim Ausbruch des Bürgerkriegs und übernahm die Führung bei der Organisation vieler Banden, Zehntausender Söldner. Die Türkei ist zum zentralen Hauptquartier dieser Banden geworden. Sie bildet und rüstet sie aus und stellt alle Arten von Logistik und Munition bereit. Der türkische Staat befehligt die Banden, und das macht er schon seit Jahren. Er hatte auch ein Bündnis mit dem IS geschlossen und ihn dazu gebracht, Rojava und insbesondere Kobanê anzugreifen. Dieser Krieg wurde von türkischen Generälen zusammen mit dem IS koordiniert.

Auch jetzt koordinieren der türkische Staat und die türkische Armee den Krieg in Syrien, zusammen mit al-Nusra und der sogenannten FSA. Der türkische Staat ist das Kommando- und Kontrollzentrum. Das muss ganz klar gesagt werden. Es sind die türkischen Generäle, die den Kampf um Aleppo und in anderen Regionen koordinieren und führen. Man sollte nicht sagen, dass al-Nusra kämpft oder dass die mit der Türkei verbundenen Banden kämpfen; es ist die türkische Armee, die in Syrien kämpft. Die Banden selbst sind paramilitärische Kräfte, die mit der türkischen Armee verbunden sind. Es handelt sich um einen Zweig des türkischen Staates, eine Miliz. Die Türkei hat in Syrien große Zerstörung angerichtet und setzt diese Zerstörung derzeit fort. Da sie bei der Neuordnung der regionalen Ordnung außen vor gelassen wurde, führt sie in Syrien mit aller Macht Krieg, um sich in diese Gleichung einzufügen und wieder eine Rolle zu übernehmen. Sie führt einen Genozidkrieg, einen Besatzungs- und Annexionskrieg gegen das kurdische Volk und die syrischen Völker. So wird die neoosmanische Politik derzeit in all ihrer Nacktheit und Sichtbarkeit in die Praxis umgesetzt. Die Türkei bildet diese Banden seit Jahren aus. Idlib und die anderen besetzten Gebiete standen unter der Kontrolle des türkischen Staates. Er hat sie in Idlib ausgebildet; er hat sie in der Türkei ausgebildet; er hat viele Lager in Rekrutierungszentren verwandelt. Er hat sie ausgebildet und ausgerüstet und jetzt in einen Krieg gegen die Völker Syriens geschickt. Er führt derzeit einen großen Vernichtungskrieg und wird ihn weiter ausbauen.

Es gibt weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Am 7. Oktober [2023] begann der Krieg zwischen Israel und der Hamas, und die Hamas hat einen schweren Schlag erlitten. Israel hat in Gaza nichts unversucht gelassen und sich dann dem Libanon zugewandt. Schließlich kam es zu einem Waffenstillstand, nachdem die Hisbollah offensichtlich schwere Schläge erlitten hatte, aber Israel konnte sie nicht als Ganzes besiegen oder zerschlagen. Und auch Israel selbst hat mit ernsthaften Schwierigkeiten und Verschleißerscheinungen zu kämpfen. Sie mussten einen Waffenstillstand schließen. Es wurde eine Einigung im Interesse Israels erzielt. Die Hisbollah wurde aus dem Süden des Libanon vertrieben. Auf Grundlage dessen, was Israel will, werden dort ein neuer Status quo und ein neues System aufgebaut. Diesem Gebiet wird ein Design gegeben. Es wird davon ausgegangen, dass die libanesische Regierung und Verwaltung stärker auf Israel ausgerichtet sein wird. Der Libanon wird in Übereinstimmung mit Israel neu gestaltet werden.

Es ist natürlich kein Zufall, dass unmittelbar nach diesem Waffenstillstand ein solcher Angriff in Syrien gestartet wurde. Es gab bereits zuvor verschiedene Informationen und Hinweise darauf, in den türkischen Medien wurde darüber gesprochen. Kurz vor Beginn des Angriffs nahmen regierungsnahe Medien al-Nusra und HTS ins Visier. Sie berichteten ausführlich und kritisch darüber, dass al-Nusra von Israel, Großbritannien und den USA in Idlib ausgebildet, ausgerüstet und vorbereitet worden sei. Man kann davon ausgehen, dass es bewusst geschah. Sie wollten die Beziehung zwischen dem türkischen Staat und al-Nusra verschleiern und ihren Plan vertuschen. Sie haben diese Agenda ganz bewusst entwickelt. Aber das ändert natürlich nichts an der Wahrheit. Ja, die USA, Großbritannien und Israel arbeiten ernsthaft mit al-Nusra zusammen. Nicht nur mit al-Nusra, sondern auch mit anderen Banden, die sie für ihre eigenen Interessen nutzen wollen. Auch diese Mächte führen einen Plan aus. Sie wollen diese Banden gegen Syrien einsetzen. Sie wollen sie gegen das syrische Volk einsetzen. In diesem Sinne hat auch Israel Erklärungen abgegeben. Nach dem Libanon hatte es den Iran im Visier. Sie sagten, dass sie iranische Kräfte überall angreifen werden und Syrien ein Angriffsziel sei. Syrien wurden in mehrfachen Aufrufen verschiedene Bedingungen gestellt und gedroht, falls es sich nicht daran halten würde. All das fällt in denselben Zeitraum. Der türkische Staat sagt, dass er „das Schloss schließt“ und sein eigentliches Ziel jetzt Nordostsyrien ist. Dass Israel nach dem Waffenstillstand Syrien ins Visier nimmt, die Erklärungen, die abgegeben wurden, diese Art von Entwicklungen unmittelbar danach und der sich ausbreitende Krieg sind natürlich kein Zufall.

Der türkische Staat hat sein Ziel, Nord- und Ostsyrien vollständig zu besetzen und zu annektieren, nicht aufgegeben. Er will einschließlich Aleppo seine „Misak-i Milli“-Pläne durch einen Völkermord verwirklichen, durch Massaker an den Völkern und insbesondere den Kurdinnen und Kurden. Er gibt diesen Plan offen zu und macht nicht einmal einen Hehl daraus. Jetzt ist die Konjunktur für ihn günstig geworden. Es ist eine Übergangszeit während der US-Wahlen. Der Krieg Israels gegen die Hisbollah, der Waffenstillstand, Israels Pläne für Syrien, den Iran und die Region sowie der Plan, den die USA, Großbritannien und die internationalen Hegemonialmächte gemeinsam mit Israel umsetzen, all das wird auch vom türkischen Staat bewertet. Wie kann er diese Situation für seine eigenen Interessen nutzen? Wie kann er rechtzeitig die Gelegenheit ergreifen? Das alles kalkulieren und planen sie. Es haben Gespräche stattgefunden. Hakan Fidan und Erdogan führten einen intensiven diplomatischen Austausch mit den USA, Russland, Großbritannien und den regionalen Mächten. Es ist Teil einer langfristigen Anstrengung.

Wenn man alles zusammennimmt, sieht man, dass Amerika, Großbritannien und Israel bereits einen Plan für Syrien hatten. Entweder würde sich der syrische Staat als Ganzes ihrer Achse anschließen und Kompromisse eingehen oder er würde mit einer gewaltsamen Intervention konfrontiert werden. Das lässt sich aus ihren Aussagen und Aufrufen an das Regime ableiten. Es war klar. Wie konnten sie das entwickeln? Israel greift seit langem Ziele der Hisbollah in Syrien an und setzt die Streitkräfte des Regimes intensiv unter Druck. In den letzten Monaten hat es dies noch verstärkt. Die Hisbollah wurde in Syrien schwer getroffen und geschwächt. Sie übertrug ihre verbleibende Macht auf den Libanon, was das syrische Regime sehr geschwächt hat. Das ist kein Zufall. In der Ukraine wurden NATO-Waffen gegen Russland eingesetzt. Es wurden Raketen eingesetzt. Es wurden neue fortschrittliche Techniken gegen Russland eingesetzt. Russland hat darauf reagiert. Sie haben die Aufmerksamkeit Russlands auf die Ukraine gelenkt. Sie haben Russland dazu gebracht, sich mehr mit der Ukraine zu befassen. Damit zielten sie darauf ab, die Position Russlands in Syrien zu schwächen. Sie hatten den Iran bereits geschwächt, sodass die beiden wichtigsten Unterstützer des Regimes in Syrien geschwächt wurden. Das Regime wurde verwundbar. Es hat seine Stützen weitgehend verloren.

Andererseits hat sich die Türkei jahrelang vorbereitet und diese Vorbereitungen in den letzten Jahren intensiviert. Es gibt zwei plausible Szenarien: Entweder haben die USA, Israel und Großbritannien ihre Intervention gegen Syrien auf diese Weise in die Tat umgesetzt, in Absprache mit der Türkei und unter Einbeziehung der Türkei als führende Kraft. Oder sie haben einen Plan ausgeführt und der Türkei verschiedene Bedingungen auferlegt. Die Türkei sah diese Bedingungen nicht zu ihren Gunsten. Sie handelte schnell, um das Spiel zu stören, um ein neues Spiel zu ihren Gunsten zu etablieren, um eine neue Gleichung zu schaffen. Sie hat diese Banden jahrelang ausgebildet und ausgerüstet und einen solchen Schritt zusammen mit ihnen unternommen. Sie versuchte, die Spielpläne zu ihren Gunsten zu wenden.

Es wird in einigen Tagen klarer werden. Haben die USA, Großbritannien und Israel zusammen mit der Türkei einen gemeinsamen Plan ausgearbeitet, indem sie die Türkei in ihre Pläne einbezogen haben? Und führen sie derzeit diese Intervention in Syrien, diese Intervention gegen das syrische Volk, unter der Führung der Türkei durch? Oder haben sie der Türkei einen Plan aufgezwungen? Die Türkei hat einen Schritt nach vorne gemacht und versucht, all diese Kräfte auf ihren Plan zu verpflichten. War es ihr Ziel, auf diese Weise zu kooperieren? Es wird in naher Zukunft klarer werden, aber die Realität im Moment ist, dass der türkische Staat den aktuellen Krieg anführt. Die internationalen Mächte und die Koalition schweigen derzeit dazu. Sie befinden sich in einer Beobachterposition.

Das Regime hat einen großen Zerfall und Zusammenbruch erlebt. Es ist fast so, als befände es sich in einem Schockzustand. Das Gleiche gilt für Russland. Auch Russland unternimmt derzeit nichts Ernsthaftes. Ich meine, es wehrt sich nicht. Es hat in der aktuellen Situation bereits eine ernsthafte Schwächung erlitten, auch aufgrund der Situation in der Ukraine. Der Iran hat bereits durch die Angriffe nach dem Libanonkrieg schwere Schläge erlitten. Auch Syrien ist jetzt geschwächt. Und im Moment gibt es so etwas wie ein Regime oder einen syrischen Staat nicht. Derzeit hat sich der Krieg auf ganz Syrien ausgeweitet. Man muss sich dessen bewusst sein und auch der Tatsache, dass die Türkei diesen Krieg anführt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie diesen Krieg auf ganz Nord- und Ostsyrien ausweiten werden.

Vor allem in Nord- und Ostsyrien, aber generell in ganz Syrien, muss das Volk Widerstand leisten. Und der Widerstand muss auf der Strategie des revolutionären Volkskrieges basieren. Die Menschen müssen sich den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) anschließen. Sie müssen gemeinsam mit den Kräften der YPG und YPJ kämpfen und Widerstand leisten. Alle, die in der Lage sind, eine Waffe in der Hand zu halten, Männer und Frauen, Jung und Alt, müssen ihren Platz in diesem Widerstand einnehmen. Sie müssen ihre Existenz, ihre Freiheit, ihre Heimat und ihr Land verteidigen. Es darf keine Aufgabe von Land geben. Es sollte keine Migration geben. Wohin sollen diese Menschen gehen? Überall herrscht Krieg. Überall herrscht Zerstörung. Die richtige Einstellung, der richtige Ansatz ist, dort, wo sie leben, Widerstand zu entwickeln, ihre Heimat, ihr Land zu schützen und ihre Existenz und Freiheit zu verteidigen. Rojava und alle Völker Nord- und Ostsyriens müssen sich für einen revolutionären Volkskrieg rüsten.