Gülşen Kurt: „Die Mauern werden gegen Kurden errichtet“

Die Migrationsforscherin Gülşen Kurt erklärt, die mit EU-Mitteln zur Abschottung gebauten Mauern an der türkisch-iranischen Grenze dienten zur Unterbrechung der Verbindung zwischen den Menschen in den verschiedenen Teilen Kurdistans.

Unter dem Vorzeichen der Abschottung errichtet die Türkei mit Hilfe von EU-Mitteln eine Mauer entlang der türkisch-iranischen Grenze. Diese Grenze verläuft mitten durch Kurdistan und zieht sich entlang der Ostgrenzen der nordkurdischen Provinzen Colemêrg (tr. Hakkari) und Wan. Die staatliche Baubehörde TOKI hat den Ausbau der Grenzbefestigungen zu einer Mauer im Jahr 2021 begonnen und in der Provinz Wan bereits einen 45 Kilometer langen Abschnitt der auf 64 Kilometer geplanten Mauer fertig gestellt. In Colemêrg wurden 16 von 28 geplanten Kilometern Mauer errichtet.


Der an Stelle der HDP-Stadtverwaltung in Wan eingesetzte staatliche Zwangsverwalter Mehmet Emin Bilmez gab bekannt, dass der aufgrund des Winters unterbrochene Mauerbau in den Frühlingsmonaten fortgesetzt werde. Bilmez erklärte: „Im Moment ist es nur eine Mauer. Über diese Mauer wird noch Stacheldraht gezogen. Mehr als 200 Kilometer Gräben wurden an der Grenze ausgehoben. Die Verlegung von Klingendraht, der Bau von 217 Türmen und zwei Basen sind noch im Gange. Gleichzeitig sind von außen kommende Verstärkungseinheiten im Einsatz.“

Nach dieser Erklärung starben drei afghanische Flüchtlinge, die in die ausgehobenen Gräben gestürzt waren. Fünf weitere Schutzsuchende wurden illegal zurückgewiesen. Weitere Schutzsuchende, denen der Weg von iranischen Soldaten versperrt worden war, erfroren an der Grenze.

EU-Gelder für Mauer

Im Rahmen der EU-Beitrittshilfen wird der Mauerbau finanziert. Er soll im Einvernehmen mit der EU der Abschottung gegenüber Schutzsuchenden weit vor der EU-Außengrenze dienen. Die Türkei nutzt diese Mauer nicht nur als Mittel der menschenverachtenden Flüchtlingspolitik, sondern um die Teile Kurdistans effektiv voneinander zu trennen.

Die Flüchtlingspolitik ist rechtswidrig“

Gülşen Kurt vom Forschungsverein für Migration (Göç-Der) in der Serhad-Region beschreibt die Entwicklungen an der Grenze: „Da die Provinz Wan an den Iran grenzt, gibt es viele Schutzsuchende aus Afghanistan, die versuchen, die Grenze zu überqueren. Angesichts der winterlichen Bedingungen erleben wir ein großes Drama für die Menschen, die über die türkische Grenze fliehen wollen. Wir wissen nicht, was gerade an der Grenze vor sich geht. Es ist eine Tragödie im Gange. Zuletzt haben wir erfahren, wie eine Mutter nach ihrer Einreise in die Türkei von türkischen Soldaten zurückgewiesen wurde und erfror. Es gibt keinen legalen Status für Flüchtlinge, die in der Türkei ankommen. Wenn sie über Wan dann in Orte wie Istanbul und Ankara gelangen, erleben die Schutzsuchenden rassistische Angriffe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung ist rechtswidrig. Das Recht auf Leben von Flüchtlingen wird verletzt. Die Tatsache, dass Frauen an den Grenzen vergewaltigt und schikaniert werden, zeigt, dass die Türkei keinerlei Korrekturen im Umgang mit Schutzsuchenden vorgenommen hat.“

Beide Seiten der Grenze werden voneinander abgeschnitten“

Kurt fährt fort: „Die Türkei baut diese Mauern mit EU-Geldern. Sie will so Familien voneinander trennen. Die Menschen treiben seit der Antike Handel in der Region. Die Menschen lebten davon. Aber jetzt hungern diejenigen, die an der Grenze leben, da diese Wege blockiert sind. In dieser Situation wird noch mehr als die Wege von Schutzsuchenden abgeschnitten. Die Menschen, die in der Region leben, werden voneinander getrennt. Dazu werden diese Mauern errichtet .“