Die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, insbesondere die EU, haben die Rücknahme ihrer in Nordostsyrien inhaftierten IS-Dschihadisten verweigert. Um dennoch eine Lösung für das Problem zu finden, bemüht sich die Selbstverwaltung seit zwei Jahren um die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofs zur Aburteilung der IS-Verbrecher. Opfer betonten immer wieder, dass die Taten des „Islamischen Staat” (IS) nach Möglichkeit dort verurteilt werden sollten, wo sie begangen wurden. Auch Jurist*innen unterstützen diese Position, da so der Zugang zu Tatorten und die Teilnahme von Zeug*innen ohne weiteres möglich wäre. Da jedoch nichts in Hinsicht auf die Einrichtung eines solchen Gerichts von Seiten der internationalen Gemeinschaft geschehen ist, stellen die inhaftierten Dschihadisten weiterhin eine ernste Bedrohung für Nord- und Ostsyrien dar.
In der Region befinden sich etwa 19.000 IS-Dschihadisten auf 16 Gefängnisse verteilt. In den vergangenen zwei Jahren kam es zu zahlreichen Fluchtversuchen und Aufständen. Die Aufstände eskalieren zunehmend, auch wenn sie bisher – wie in Tabqa, Hol und Hesekê – mit Hilfe der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) eingedämmt werden konnten. Die inhaftierten IS-Dschihadisten stellen sowohl für Syrien als auch für die Welt eine Bedrohung dar.
Die internationale Koalition stellt in diesem Zusammenhang ebenfalls nur eine sehr beschränkte Unterstützung dar. Obwohl sie sich weiterhin an Operationen der QSD gegen den IS beteiligt, hat sie zur Bewachung und Sicherung der Gefangenen bisher ausschließlich Ausbildungsleistungen erbracht.
„Wir wissen nicht, was aus uns wird“
Gegenüber der Nachrichtenagentur ANHA haben sich inhaftierte IS-Dschihadisten zu ihrer Lage geäußert. Der niederländische Staatsbürger Yasir Muhammed Abdulazim erklärt: „Wir wissen nicht, was aus uns wird. Wir wollen sofort unser Urteil. Im Gefängnis reden wir die ganze Zeit darüber, was wohl kommen mag. Wir wissen nicht, warum wir nicht vor Gericht gestellt werden. Wir wollen wissen, was kommt. Dafür sind wir auch bereit, den Tod in Kauf zu nehmen.“
Abdulazim wurde 1978 in Alexandria geboren. Mit zwanzig ging er in die Niederlande, heiratete und bekam dort die Staatsbürgerschaft. Er ist Vater von sechs Kindern und schloss sich 2015 dem IS an. Er wurde in Raqqa verletzt und in al-Bagouz von den QSD verhaftet. Obwohl er verurteilt werden will, stößt er weiter Drohungen aus.
Quelle: ANHA
„Die Situation wird noch heftiger“
Adil Iyab stammt aus Indien, er sagt: „Die Mehrheit hier im Gefängnis kommt aus dem Ausland. Wir wollen zurück in unsere Länder. Wenn wir verurteilt werden, können wir nach Hause zurückkehren. Wenn wir nicht verurteilt werden, dann kommt es zu noch größerem Chaos.“ Auch er droht wie die anderen IS-Dschihadisten Terror und Aufstand an.