Newroz Ehmed: Es fehlt an Unterstützung gegen den IS

Newroz Ehmed betont, dass die Demokratischen Kräfte Syriens im Kampf gegen den IS nicht ausreichend Unterstützung von der Internationalen Koalition erhalten. Dennoch bekämpfen sie den IS und die türkischen Angriffe mit ihren beschränkten Mitteln.

Newroz Ehmed aus der Generalkommandantur der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) fordert „materielle, moralische, politische und militärische Unterstützung“ im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) ein. Aufgrund der fehlenden Unterstützung werde verhindert, dass der Kampf gegen den IS volle Wirksamkeit entfaltet.


Ehmed hat sich anlässlich des Jahrestags des Sieges der QSD über den IS in al-Bagouz am 23. März 2019 im ANF-Interview über die aktuelle Lage geäußert.

Wie hat sich die Lage nach dem Sieg über den IS in al-Bagouz entwickelt?

Seit 2019 wurden viele erfolgreiche und effektive Operationen durchgeführt. Auch in den umliegenden Gebieten wurden mit Unterstützung der internationalen Koalition Operationen durchgeführt. Diese waren aber nicht ausreichend. Es gibt immer noch eine Basis für den IS, auf deren Grundlage er sich organisiert. Es gab viele koordinierte, zeitgleiche Angriffe in unseren Gebieten. Der Angriff auf das Sina-Gefängnis in Hesekê ist das beste Beispiel dafür, wie sich der IS reorganisiert und neu belebt hat. Es ist nicht vorbei, er versucht immer noch anzugreifen. In der Vergangenheit hat die internationale Koalition unter der Führung der USA, Großbritanniens und Frankreichs einiges unternommen, aber das war unzureichend. Unser Kampf geht trotzdem weiter. Ohne unsere Operationen und Anstrengungen wäre der IS wieder eine sehr ernste Bedrohung. Er führt Angriffe im Irak durch und ist immer noch in den vom syrischen Regime kontrollierten Gebieten aktiv.

Wie unterstützt der türkische Staat den IS?

Der IS befindet sich auch in den vom türkischen Staat besetzten Gebieten. Dort organisiert er sich, dort bildet er aus, plant und führt Angriffe auf unsere Gebiete durch. Zuletzt sind Abu Bakr al-Bagdadi und Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi [die selbsternannten IS-Kalifen] dort getötet worden. Das zeigt, dass die hochrangigen IS-Anführer sich allesamt in den türkisch besetzten Regionen aufhalten. Sie würden dort nicht bleiben, wenn sie sich nicht geschützt und in Sicherheit fühlten. Das ist ein wichtiger Punkt.

Was sind neben dem türkischen Staat weitere Hindernisse im Kampf gegen den IS?

Die Selbstverwaltung wird alleingelassen und sie hat nur beschränkte Möglichkeiten. Die mangelhafte Unterstützung führt dazu, dass der Kampf gegen den IS nicht vollkommen erfolgreich ist. Es wurde Dutzende Male dazu aufgerufen, dass die Menschen in den Lagern von ihren Ländern zurückgeholt werden. Aber nur sehr wenige der IS-Mitglieder wurden zurückgeholt. Die Mehrheit von ihnen ist immer noch hier. Die Lager sind die gefährlichsten Orte. Deshalb gab es in der Vergangenheit Operationen im Camp Hol. Das Camp wird als ziviles Flüchtlingslager dargestellt. Es wurde gesagt: ‚Das ist Unrecht, es handelt sich um ein ziviles Flüchtlingslager.‘ So etwas tauchte immer wieder in der internationalen Presse auf. Diese Behauptungen gehen jedoch auf den IS zurück und auf diejenigen, die seine Ideen teilen.

Hat sich nach dem Angriff auf Hesekê etwas verändert?

Nicht im gewünschten Ausmaß. Viele Themen werden diskutiert, aber die Unterstützung in der Praxis ist schwach und nicht ausreichend. Es gibt tausende Gefangene, das Gefängnis, das errichtet wird, reicht nicht aus. Was bringt es, ein paar Leute auszubilden? Die materielle Unterstützung reicht nicht aus. Es gibt so viele Gefangene und so viele Lager. Wir sprechen von mehreren zehntausend Menschen.

Was würden Sie eigentlich benötigen?

Die IS-Mitglieder müssten von den Staaten übernommen werden, aus denen sie kommen. Wenn sie diese Personen nicht übernehmen können, dann sollten die Staaten uns wenigstens unterstützen. Sie sollten diese Region schützen. So viele Angriffe, so viele Gefangene, so viele IS-Familien, die ihre Zukunft an den IS gebunden haben. So viele Kinder in diesen Familien bedeuten ein neues IS-Heer in der Zukunft. Sie wachsen ohne Bildung auf. Sie stellen für die ganze Welt eine neue Gefahr dar. Die ganze Welt soll dies wissen und ihre Verantwortung erfüllen. Es ist materielle, geistige, politische und militärische Unterstützung, eigentlich Unterstützung in jeder Hinsicht notwendig.

Nach dem Angriff auf das Gefängnis wird in den Medien berichtet, dass in der Gegend kontinuierliche Operationen im Gange seien. Könnten Sie uns etwas über den aktuellen Kampf berichten?

Seit den Angriffen laufen Operationen gegen geheime Zellenstrukturen. Die Operationen richten sich gegen den IS und auch gegen seine Unterstützer. Der MIT hat in der letzten Zeit erneut gezeigt, wie er den IS unterstützt. Er greift mit der gleichen Mentalität, Haltung und Absicht an. Deshalb setzen wir auch unsere Operation gegen diese Kräfte fort. Der türkische Staat hat ebenfalls nicht mit seinen Angriffen aufgehört. Unsere Kräfte in der ganzen Region befinden sich weiterhin in Alarmbereitschaft. Diese Wachsamkeit trifft auch auf die Gesellschaft zu. Wir werden weiterkämpfen, um diese Pläne scheitern zu lassen. Unsere Entschlossenheit und unser Willen sind ungebrochen.