Bei einer Demonstration im nordsyrischen Kanton Şehba anlässlich des bevorstehenden Todestages der kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez haben Vertriebene aus Efrîn die restlose Aufklärung der Morde und eine Bestrafung der Hintermänner gefordert. „Sakine Cansız hat in Rojava die Samen für die Frauenrevolution gesät. Ihr könnt wohl unsere Blumen abschneiden, aber den Frühling nicht verhindern“, lautete die zentrale Botschaft.
Die von der Koordination des Dachverbands der nordostsyrischen Frauenbewegung Kongreya Star organisierte Demonstration mit einigen tausend Menschen fand in der Gemeinde Ehres bei Tel Rifat statt, es beteiligten sich überwiegend Frauen. Die Menge zog im Zentrum des Ortes los, immer wieder wurde die zentrale Maxime der kurdischen Frauenbewegung gerufen: „Jin, Jiyan, Azadî“ – zu Deutsch: Frauen, Leben, Freiheit. Viele Demonstrierende, unter ihnen auch Vertreterinnen und Vertreter aller zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus der Region, trugen Transparente und Plakate mit dem Konterfei der drei Revolutionärinnen, die vor neun Jahren mitten in Paris von einem Auftragsmörder des türkischen Geheimdienstes (MIT) ermordet wurden.
Es wehen grüne Flaggen der Kongreya Star
Auf dem Friedhof für die Gefallenen des Efrîn-Widerstands mündete die Demonstration in eine Kundgebung. Nach einer Schweigeminute ergriff Sûreye Hebeş vom Angehörigenrat der Gefallenen das Wort und hielt eine kurze Ansprache. Die Aktivistin bezeichnete den Dreifachmord von Paris als „physischen und ideologischen Angriff“ auf die kurdische Frauenbewegung. „Das Attentat war ein Versuch, das Herz unserer Frauenrevolution anzugreifen. Doch es ist ihnen nicht gelungen. Unser Kampf wächst mit jedem Tag unter der Beteiligung von Frauen aus der gesamten Welt. Die Vorreiterinnenrolle von Sakine Cansız und ihren Weggefährtinnen Fidan Doğan und Leyla Şaylemez für uns Frauen bleibt von historischer Bedeutung. Unsere Verbundenheit gilt ihnen und ihrem Weg. Wir werden ihre Kämpfe fortsetzen.“
Überwiegend Frauen auf der Demonstration in Ehres
Eine weitere Rede hielt Wefe Hisên, die sich ebenfalls in der Organisation von Familien engagiert, die Angehörige bei der Verteidigung der Rojava-Revolution verloren haben. Sie würdigte das Leben von Sakine Cansız als eine „Chronologie des kurdischen Kampfes“. Heute gebe es keine einzige kurdische Frau, die ihre „innere Kraft“ nicht aus dem Widerstand der Revolutionärin ziehen würde. „Wir bleiben Sakine und ihren Freundinnen für immer verbunden und versprechen, ihre Ideale umzusetzen und zu verteidigen.“ Zum Ende ihrer Ansprache forderte Hisên die französische Regierung auf, die juristische Aufarbeitung der Morde nicht länger zu sabotieren.
Frankreich blockiert Wiederaufnahme der Ermittlungen
Die drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî) wurden am 9. Januar 2013 in Frankreichs Hauptstadt Paris ermordet. Bis heute ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Das Verfahren wurde nach dem Tod des Auftragsmörders Ömer Güney in französischer Haft kurz vor Prozessbeginn eingestellt. Eine auf Betreiben der Angehörigen angestrengte Wiederaufnahme der Ermittlungen wird auf politischen Druck blockiert, die den französischen Behörden vorliegenden Informationen zu dem Verbrechen gelten als Staatsgeheimnis.