Wut und Entsetzen über den Tod von 17 Kämpferinnen und Kämpfern der PKK-Guerilla in der Kurdistan-Region Irak (Südkurdistan) durch türkische Chemiewaffen treiben seit Tagen weltweit Menschen auf die Straße. Auch in den Autonomiegebieten wird gegen den Einsatz verbotener Kriegsmittel bei den Angriffen der Türkei in der KRI protestiert, zuletzt in Qamişlo und Tirbespiyê. Dort zogen am Sonntag tausende Menschen durch die Straßen und forderten „Sofortigen Stopp der türkischen Giftgasangriffe“. Scharfe Kritik wurde in Richtung „westlicher Wertegemeinschaft“ formuliert, die trotz deutlicher Hinweise den Einsatz von chemischen Kampfmitteln in Kurdistan ignoriere und damit schwere Kriegsverbrechen unterstütze.
Einige der 17 Gefallenen hatten sich aus Rojava der Guerilla angeschlossen
Die Demonstrationen wurden von der Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) organisiert. Aufgerufen zur Teilnahme hatten auch die Partei PYD, der Frauendachverband Kongra Star, der Rat der Angehörigen von Gefallenen und die Jugendbewegung, deren Mitglieder und Verantwortliche sowohl in Qamişlo als auch Tirbespiyê zahlreich vertreten waren. Viele Teilnehmende hatten Schilder mitgebracht, auf denen die Gesichter der 17 Kämpfer:innen abgebildet waren, deren Tod Anfang der Woche vom zentralen Hauptquartier der Volksverteidigungskräfte (HPG) bekanntgegeben wurde.
Das Konterfei von Abdullah Öcalan, nationales Symbol in Kurdistan, blickte von einem bunten Fahnenmeer auf die Menge
An der Veranstaltung in Qamişlo beteiligte sich auch Mihemed Emîn Niêmî von der Anwaltsvereinigung der Cizîrê-Region. In einer Ansprache sagte der Jurist: „Das internationale Völkerrecht und internationale Abkommen wie die Chemiewaffenkonvention haben einen hohen Stellenwert für Menschen in aller Welt und müssen verteidigt werden, um ihre Bedeutung und ihren Wert nicht zu verlieren. Aufgrund dessen gibt es sogar die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Doch geht es um Kurdistan und seine Bevölkerung, werden fundamentale Werte wie das Völkerrecht und Gerechtigkeit mit Füßen getreten. Nicht nur werden die seit Jahren immer wiederkehrenden Chemiewaffenangriffe der Türkei in Kurdistan vom Westen und seinen Organisationen, darunter OPCW und NATO, ignoriert. Die Türkei bekommt sogar Unterstützung bei der Vertuschung ihrer Giftgaseinsätze.“
Rechtsanwalt Mihemed Emîn Niêmî
Würden Länder außerhalb der NATO Giftgas und andere geächtete Waffen gegen ein unterdrücktes Volk einsetzen, wären Interesse und Protest der westlichen Regierungen immens, führte Niêmî weiter aus. „Dem NATO-Mitglied Türkei und seinem faschistischen, rassistischen und genozidalen Regime scheint demgegenüber jedes Mittel gegen den auserkorenen Feind – das kurdische Volk – erlaubt zu sein. Diese Doppelmoral wirft ein bezeichnendes und beschämendes Bild auf den Zustand der selbsternannten Wertegemeinschaft im Westen. Wir als Gesellschaften Nord- und Ostsyriens begreifen die Guerilla als Würde und Zukunft des kurdischen Volkes. Deshalb ist es uns eine selbstgewählte Pflicht, ihre Verteidigungsfront zu sein. Wir sagen: Die Guerilla ist das Volk und das Volk ist die Guerilla.“
Fotos: Hawarnews (ANHA)