Nachruf auf Guerillakämpferin Hêvîdar Berxwedan Koçer

Die YJA-Star-Kämpferin Hêvîdar Berxwedan Koçer ist im August infolge eines türkischen Angriffs in Gare ums Leben gekommen. Die HPG würdigen sie in einem Nachruf und sprechen der kurdischen Bevölkerung ihr Mitgefühl aus.

Bei Angriff in Gare gefallen

Die Guerillakämpferin Hêvîdar Berxwedan Koçer ist im August vergangenen Jahres bei einem Angriff des türkischen Staates auf die Gare-Region in Südkurdistan ums Leben gekommen. Das gaben die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Freitag in einem Nachruf auf die Kämpferin, die den Verbänden freier Frauen (YJA Star) angehörte, bekannt. Darin heißt es:

„Unsere Weggefährtin Hêvîdar, eine hingebungsvolle Kämpferin der Linie der freien Frau, hat als fest verwurzelte apoistische Militante durch ihre Verbundenheit zu den Werten der Freiheit unauslöschliche Spuren in der Geschichte unseres Kampfes hinterlassen. Als Tochter einer Koçer-Familie, die es verstand, sich selbst treu zu bleiben, zeichnete sie sich in jeder Phase ihres Einsatzes durch ihre Bescheidenheit, Natürlichkeit und tiefgründige Bewusstheit aus. Sie erleichterte die Last ihrer Freund:innen durch ihre Haltung – und wurde mit ihrer Persönlichkeit zu einem Vorbild für alle.

Der Verlust unserer Gefährtin, die Trägerin eines selbstlosen Kampfes und zugleich eine erfolgreiche Militante der YJA Star war, hat uns tief erschüttert. Doch wir geben das Versprechen, ihren Traum – den Aufbau eines freien Kurdistan und eines freien Vorsitzenden – mit aller Entschlossenheit weiterzuführen und zum Sieg zu führen. Unser tief empfundenes Beileid gilt ihrer geschätzten Familie und dem gesamten patriotischen Volk Kurdistans. Ihre Erinnerung wird in unseren Herzen weiterleben.“

Zu den persönlichen Daten der Gefallenen machten die HPG folgende Angaben:

                           

Codename: Hêvîdar Berxwedan Koçer
Vor- und Nachname: Hasine Tekin
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Hüsra – Ali
Todestag und -ort: 12. August 2024, Gare

 

Geboren in Farqîn (tr. Silvan) bei Amed (Diyarbakır) in einer Familie mit starken Wurzeln in der halbnomadischen Kultur, wurde Hêvîdar Berxwedan Koçer schon früh mit den politischen Realitäten in Kurdistan konfrontiert. Ihre Familie, einst aus Sêrt (Siirt) stammend, war infolge staatlicher Repression nach Adana migriert – doch der Traum von einer freien kurdischen Heimat ließ sie nie los. Schon als Jugendliche zeigte Hêvîdar Berxwedan Koçer eine rebellische Haltung gegenüber den traditionellen und patriarchalen Zwängen des gesellschaftlichen Systems. Schulische Erfahrungen in einem Bildungssystem, das auf Assimilation und Entfremdung setzte, führten bei ihr zu einer tiefgreifenden politischen Selbstreflexion.

Die kurdische Frauenbewegung, insbesondere die Freiheitsideale der Guerillakämpferinnen der YJA Star, prägten sie maßgeblich. Fasziniert vom Mut und der Entschlossenheit der Frauen, die sich gegen patriarchale und staatliche Gewalt stellten, reifte in ihr der Entschluss, selbst Teil dieser Bewegung zu werden. Im Jahr 2011 schloss sich Hêvîdar Berxwedan Koçer der Guerilla an – eine Entscheidung, die sie mit großem Ernst und Verantwortungsbewusstsein lebte.


Nach einer ersten Phase in Nordkurdistan setzte sie ihre Ausbildung in den Medya-Verteidigungsgebieten fort. Dort entwickelte sie sich rasch zu einer vielseitig ausgebildeten und ideologisch fundierten Kämpferin. Besonders die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Frauenbewegung und der politischen Philosophie Abdullah Öcalans prägten ihren Weg. Ihre Kamerad:innen schätzten sie für ihre Bescheidenheit, ihre Ernsthaftigkeit und ihre solidarische Haltung.

Hêvîdar Berxwedan Koçer war nicht nur eine Kämpferin, sondern auch eine überzeugte Verteidigerin einer alternativen gesellschaftlichen Vision – basierend auf Freiheit, Gleichheit, Ökologie und Geschlechtergerechtigkeit. In Rojava kämpfte sie gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), wo sie trotz Verwundung an vorderster Front ausharrte und sich durch außergewöhnlichen Mut auszeichnete. Später kehrte sie in die Berge Kurdistans zurück, um sich in einer Frauenakademie weiterzubilden und ihre Erfahrungen mit einer neuen Generation von Kämpferinnen zu teilen.

Ihr letzter Einsatz führte Hêvîdar Berxwedan Koçer zurück in die Region Gare, wo sie im Kampf gegen die fortgesetzte türkische Besatzung ihr Leben ließ. Bis zuletzt war sie überzeugt, dass der Weg zur Befreiung ihres Volkes nur über konsequenten Widerstand und Selbstorganisation führen kann. Die HPG würdigen sie als eine tief reflektierte, ideologisch gereifte und zwischenmenschlich vorbildhafte Persönlichkeit. „Ihre Geschichte ist eingebettet in die Geschichte eines Volkes, das sich nicht mit Unterdrückung abfindet – und in die einer Frauenbewegung, die mit unerschütterlichem Willen an einer gerechteren Welt baut. Das Andenken an Hevala Hêvîdar wird in den Herzen ihrer Weggefährt:innen und im kollektiven Gedächtnis der kurdischen Gesellschaft weiterleben.“