Bundesregierung sieht OPCW in der Verantwortung

Die OPCW will die Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan nicht untersuchen, weil kein Staat das beantragt hat. Die deutsche Bundesregierung hingegen sieht sich nicht in der Verantwortung und sagt, dass die OPCW zuständig ist.

Die Türkei setzt in den Guerillagebieten in Südkurdistan (Nordirak) Chemiewaffen ein, dazu liegen zahlreiche Hinweise vor. ANF veröffentlichte am Dienstag Aufnahmen von sterbenden Guerillakämpfer:innen nach einem Chemiewaffenangriff. In einem Bericht der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW heißt es, es gebe „indirekte Beweise für mögliche Verstöße“ gegen die Chemiewaffenkonvention. „Material, das in der Nähe eines von der türkischen Armee verlassenen Gebiets gefunden wurde, umfasste Behälter für Salzsäure und Bleichmittel, die zur Herstellung von Chlor, einem klassischen chemischen Kampfstoff, verwendet werden könnten“, erklärte die IPPNW und forderte eine umgehende Untersuchung. Die Türkei weist die Vorwürfe zurück, obwohl Verteidigungsminister Hulusi Akar selbst zumindest zugegeben hat, dass bei der Operation in Gare im Februar 2021 Tränengas eingesetzt wurde. Der Einsatz von Tränengas ist in militärischen Auseinandersetzungen verboten.

Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hat bis heute nicht auf die Vorwürfe reagiert und begründet ihre Untätigkeit damit, dass sie nur auf Antrag eines Staates aktiv werden könne. Die deutsche Bundesregierung hingegen sieht sich nicht in der Verantwortung und sagt, dass die OPCW zuständig ist. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des Linksabgeordneten Andrej Hunko hervor. Hunko hatte am 19. Oktober gefragt, welche Kenntnisse die Bundesregierung über den Einsatz von Chemiewaffen durch die Türkei im Nordirak hat und welche weiteren Erkenntnisse darüber vorliegen, ob die Türkei die Chemiewaffenkonvention vollumfänglich einhält.

Die Türkei unterliegt den Überwachungsmechanismen der OPCW“

In der Antwort von Staatsministerin Katja Keul heißt es: „Der Bundesregierung sind Medienberichte im Sinne der Fragestellung sowie der IPPNW-Bericht, welcher unter anderem den Vorwurf des Einsatzes von Tränengas beinhaltet, bekannt. Ihr ist auch die türkische Operation zur Befreiung von Geiseln, in deren Rahmen es im Februar 2021 laut türkischem Verteidigungsminister zum Einsatz von Tränengas gekommen ist, bekannt. Darüber hinausgehende, eigene Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Türkei ist wie die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaat des am 29. April 1997 in Kraft getretenen Übereinkommens über das Verbot Chemischer Waffen (CWÜ). Bei ihrem Beitritt zum Chemiewaffenübereinkommen hat die Türkei keine Bestände chemischer Waffen deklariert. Um die Einhaltung des Übereinkommens zu gewährleisten, wurde die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) geschaffen. Die Türkei unterliegt als Vertragsstaat den Überwachungsmechanismen dieser Organisation.“

Akbulut fordert Antragstellung durch Deutschland

Inzwischen hat Hunkos Fraktionskollegin Gökay Akbulut (DIE LINKE) den ständigen Vertreter der Bundesrepublik bei der OPCW aufgefordert, sich für eine Untersuchung der Vorwürfe über den Einsatz von Chemiewaffen der Türkei in der Kurdistan-Region Irak (KRI) einzusetzen. Da die Türkei wie auch die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaaten des am 29. April 1997 in Kraft getretenen Abkommens über das Verbot Chemischer Waffen (CWÜ) sind und somit den Überwachungsmechanismen der OPCW unterliegen, solle dieser „mit Nachdruck“ auf eine solche Untersuchung hinwirken beziehungsweise einen entsprechenden Antrag stellen. Die Antwort steht noch aus.