In den syrischen Regimegebieten haben sich offiziellen Angaben zufolge 650 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Am Sonntag meldete das Gesundheitsministerium in Damaskus, die Zahl der bestätigten Fälle sei innerhalb Tagesfrist um weitere 23 angestiegen. Zudem seien zwei Menschen innerhalb der vergangenen 24 Stunden an der neuartigen Viruskrankheit gestorben. Insgesamt gibt es den offiziellen Zahlen zufolge damit 38 Tote in Syrien, die Dunkelziffer dürfte allerdings um ein Vielfaches höher liegen. Erholt haben sich laut Damaskus bisher 200 Infizierte.
Die syrische Regierung hatte Ende März die erste Corona-Infektion gemeldet, nur eine Woche später gab es das erste Todesopfer. In den Wochen zuvor hatte es wiederholt Gerüchte über breitflächige Corona-Infizierungen in Syrien gegeben, die die Behörden aber strikt zurückwiesen. „Ärzte ohne Grenzen” warnte damals schon länger vor einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus in dem Land. Andere Organisationen sprachen vor einem Massensterben, sollte internationale Hilfe ausbleiben - insbesondere dort, wo die russische Luftwaffe, die Türkei und der IS systematisch Kliniken zerstört haben.
Durch die anhaltenden Konflikte und Kriege im Land leben Millionen von Syrerinnen und Syrern unter katastrophalen Umständen, die sich durch die Pandemie noch verschlimmern. Vor allem in den Camps, in denen regelmäßiges Händewaschen, Abstand halten und andere öffentliche Gesundheitsmaßnahmen quasi unmöglich sind. Zudem ist das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt, die Preise für Nahrungsmittel sind rasant gestiegen. Die neuen US-Sanktionen haben die Not der leidgeprüften Menschen nochmals verschärft.
Syrien hatte ein florierendes Gesundheitssystem
Das einst florierende Gesundheitssystem ist nach über neun Jahren Krieg vollständig zusammengebrochen. Bis 2011 galt Syrien als ein Land mit einer relativ guten Gesundheitsversorgung. Staatliche Krankenhäuser waren mehrheitlich kostenlos und das System der Polikliniken garantierte mehr oder weniger eine landesweite Abdeckung. Polio, Tuberkulose und Leishmaniose waren unter Kontrolle oder sogar ausgerottet. Die Versorgung von Krebs- und Herzkranken war im Vergleich zu den Nachbarländern vorbildlich – und vor allem für die Mehrheit der Bevölkerung auch erreichbar. Mittlerweile gibt es in Regimegegenden kaum noch funktionsfähige Gesundheitseinrichtungen.
Acht Infektionen in Autonomiegebieten
Insgesamt vier neue Fälle einer Coronavirus-Infektion wurden am vergangenen Donnerstag für die Cizîrê-Region in Nordostsyrien gemeldet. Die betroffenen Personen, drei Frauen und ein junger Mann, leben im Gebiet der Städte Qamişlo und Hesekê. Am Sonntag bestätigte der Ko-Vorsitzende des Gesundheitskomitees Ciwan Mistefa zwei weitere Fälle. Eine Frau habe sich ebenfalls in Hesekê infiziert, eine weitere in Dêrik. Damit liegt die Gesamtzahl der bislang bestätigt infizierten Personen in den selbstverwalteten Gebieten bei acht. Eine Person ist im April an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die neu Infizierten sowie fast neunzig ihrer Kontaktpersonen befinden sich derweil in häuslicher Quarantäne.
Die Autonomieverwaltung hat früh auf die Corona-Pandemie reagiert und am 23. März als Präventionsmaßnahme eine Ausgangssperre verhängt. Da in den Nachbarländern die Neuinfektionen mit dem Coronavirus stark zunehmen, wurden die erst Mitte Juni gelockerten Corona-Regeln inzwischen wieder verschärft.
Infizierte in Besatzungszone
Auch aus den von der Türkei und ihren dschihadistischen Verbündeten besetzten Gebieten im nordwestlichen Syrien mehren sich die Berichte über Corona-Infektionen. Laut aktuellem Stand soll es dort 26 bestätigte Fälle geben.