Murat Mang und Sait Öztürk gehören zum breiten Netz freiwilliger Korrespondenten der Tageszeitung Yeni Özgür Politika, die in Neu-Isenburg bei Frankfurt auf Türkisch, Kurmancî und Kirmanckî erscheint und in vielen europäischen Ländern gelesen wird. Wie unzählige weitere Kurdinnen und Kurden in Deutschland sind auch sie vom PKK-Verbot betroffen.
Murat Mang beantragte 2011 die deutsche Staatsbürgerschaft. Die notwendigen Voraussetzungen hat er erfüllt, aber er scheiterte am Verfassungsschutz. „Nachdem ich den Antrag gestellt hatte, wurde ich zur Ausländerbehörde in Bielefeld vorgeladen. Dort traf ich auf zwei Sachbearbeiter, die mir einen Zettel mit Fragen überreichten, die ich beantworten sollte. Unter anderem wurde gefragt, was für eine Organisation die PKK meiner Meinung nach ist, was Öcalan für mich bedeutet und ob ich eine Verbindung zu irgendeiner Organisation habe. Ich beantwortete die Fragen. Erst später erfuhr ich von meinem Anwalt, dass ich nicht hätte antworten sollen. Einige Monate später wurde mein Einbürgerungsantrag abgelehnt, weil ich laut Verfassungsschutz in PKK-nahen Einrichtungen aktiv bin, die PKK verboten ist und ich daher die Demokratie und die Gesellschaft in Deutschland gefährde.“
Murat Mang legte Rechtsmittel ein, konnte jedoch auch vor Gericht nichts erreichen. In der Ablehnungsbegründung wurden Vereinsaktivitäten, die journalistische Tätigkeit für die Zeitung Yeni Özgür Politika und die Mitarbeit bei der Jugendorganisation Komalên Ciwan aufgeführt. „Ich lebe in Deutschland. Ich arbeite und zahle Steuern. Ich mache nichts, was dem demokratischen System schadet. Im Gegenteil, ich trage dazu bei. Das Urteil ist das Ergebnis eines Abkommens zwischen zwei Ländern, das auf gegenseitigem Profit beruht. Ich habe bereits in der Türkei vor Gericht gestanden. Die Schreiben vom deutschen Gericht weisen eindeutige Parallelen zu der Anklageschrift der türkischen Staatsanwaltschaft auf. Vielleicht wird sich die deutsche Öffentlichkeit eines Tages auch dafür schämen, wie die Politik mit den Kurden hier umgeht.“
Journalismus als Straftat?
Ein weiterer Betroffener ist Sait Öztürk, der ebenfalls für die Yeni Özgür Politika schreibt:
„Wie Hunderte andere kurdische Aktivisten auch habe ich seit Jahren in verschiedener Form mit der Repression des deutschen Staates zu tun. 1997 habe ich Asyl beantragt, nach knapp zwei Jahren wurde mein Asylgesuch mit der Begründung anerkannt, dass ich in der Türkei nicht leben kann.
Einige Monate nach meiner Anerkennung habe ich in einer Firma angefangen zu arbeiten. Seit zwanzig Jahren arbeite in ununterbrochen in derselben Firma. Nebenbei habe ich in legalen kurdischen Einrichtungen in Deutschland verschiedene Aufgaben übernommen, um die Öffentlichkeit von der Unterdrückung des kurdischen Volkes in Kurdistan und der Türkei zu informieren. Gleichzeitig habe ich für die Yeni Özgür Politika berichtet, die einzige kurdische Tageszeitung im Exil. Aufgrund meiner Artikel bin ich mit Verweis auf das PKK-Verbot angeklagt worden.
Bei diesen Artikeln handelte es sich zum Beispiel um einen Bericht über eine Versammlung mit einem BDP-Abgeordneten im Heilbronner Verein im Jahr 2012 und Berichte über legale Aktionen und Vereinskongresse. Als ich Ko-Vorsitzender des Vereins war, wurde ich etliche Male wegen legaler Aktivitäten zur Polizei vorgeladen und stand mehrmals vor Gericht.
Meldeauflage: Dreimal wöchentlich zur Polizei
Die Gerichtsverfahren waren rein politisch motiviert und sollten nur dazu dienen, die Beziehungen zum türkischen Staat zu schützen. Die Prozesse gegen mich laufen seit 2005. Anfang 2017 bekam ich die Auflage, mich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden. Ich habe die Auflage abgelehnt und bin in einen dreitägigen Hungerstreik getreten. Danach wurde die Auflage auf einmal wöchentlich reduziert. Bei meiner letzten Verhandlung am 17. Juli 2018 wurde wieder angeordnet, dass ich drei Mal pro Woche bei der Polizei unterschreiben muss. Ich habe nur noch eine Duldung und darf Heilbronn nicht verlassen.
Was ich erlebe, ist ein Ergebnis dessen, wie mit dem Kampf unseres Volkes umgegangen wird. Wieviel Repression auch stattfindet, diesen Befreiungskampf und die Werte, an die wir glauben, gibt es weiter. Die Repression wird uns nicht davon abhalten.“